Tibetische Medizin

Definition, Geschichte, Kurzbeschreibung

Die tibetische Medizin, den sogenannten "traditionellen Heilsystemen" zugehörig, ist eines der ältesten ganzheitlichen Medizinsysteme.

Die tibetische Medizin geht in ihrer heutigen Form weitgehend auf das 7.Jahrhundert zurück (Schaffung der tibetischen Schrift; erste Ausbreitung desBuddhismus), in dem die wichtigsten medizinischen Texte aus China und Indien ins Tibetische übersetzt wurden. Wesentliche Texte entstammen aber auch einerälteren, vorbuddhistischen Kulturperiode (Bön-pos).

Im Westen war die tibetische Medizin bis vor wenigen Jahrzehnten kaum bekannt und auch in den neueren Lehrbüchern der Medizingeschichte wird sie mit wenigen Zeilen abgetan.

Zuverlässige wissenschaftliche Untersuchungen gibt es eigentlich erst seit den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts, als einige europäische Ärzte und Botaniker, der tibetischen Schrift und Sprache kundig, dieses Medizinsystem an Ort und Stelle eingehend studierten (Centre National de la RechercheScientifique, Paris).

Wesentlich ist die Lehre von den "Drei Seinsprinzipien": CHI (rlung) mit demSymbol "Luft", SCHARA (mkhris-pa) mit dem Symbol "Galle" und BADGAN (bad-kan)mit dem Symbol "Schleim". Sie haben mit unseren Begriffen von Luft, Galle undSchleim nur wenig zu tun, sondern sind gleichsam Chiffren, denen bestimmteFunktionen, Organe, Substanzklassen und Geschmacksqualitäten zugeordnet sind.Diese dreiwertige Logik steht auch im Widerspruch zum zweiwertigen Aufbau derChinesischen Medizin oder etwa des heutigen naturwissenschaftlichen Weltbildes("tertium non datur").

Dem Prinzip "Luft" ist zugeordnet der Geist, das Denken, alle geistigen und körperlichen Bewegungen (Bewegungsapparat); das energetisch-dynamische Wesender Lebensvorgänge und das "Wollen" entspricht dem Prinzip
 "Galle", und dem Prinzip "Schleim" die Materie, aber auch das "Fühlen". Alle drei "humores"(Säfte) hängen in ihrer Funktion miteinander zusammen, ihr individuelles,fließendes Gleichgewicht sichert die Funktion der sieben Grundgewebe desKörpers (Lymphe, Blut, Muskeln, Fettgewebe, Knochen, Knochenmark, Samen), und ohne ihr geordnetes Zusammenwirken gibt es kein Leben und keine Gesundheit.Die Grundgewebe des Körpers werden ihrerseits durch die fünf Grundelemente(Raum, Wind, Feuer, Wasser, Erde) gebildet, die in unendlicher Mischung dieSubstanzen der Erscheinungswelt hervorbringen.

Kaufmann, Richard: Die Krankheit erspüren. Tibets Heilkunst und der Westen.Piper, R 1985

Asshauer, Egbert: Heilkunst vom Dach der Welt. Tibets sanfte Medizin. Herder Freiburg 1993
Choedrak, Tenzin: Ganzheitlich leben und heilen. Der Leibarzt des Dalai Lama über Vorbeugen und Therapie von Krankheiten. Einf. u. hrsg. v. Asshauer,Egbert. 2. Aufl. Herder Freiburg 1994

Bolsokhoyeva, Natalia D.:, Tibetan Medical Sources. 1993. Mandala Book Point,Kantipath, POB 528, Kathmandu, Nepal*

Fernand Meyer, Gso-ba rig-pa. Le systeme medical tibetain. 1981, Presses du C.N.R.S (Centre Nationale de la Recherche Scientifique), Paris. ISBN2-222-02808-6*

Badmajeff, Wladimir: Lung Tripa Bäkän. Grundzüge der tibetischen Medizin.Vorw., bearb. u. hrsg. v. Aschoff, Jürgen C. Einf. v. Engelhardt, Dietrich von Übers. v. Koeffler-Hart, Anna. Red. Neuausg. Fabri 1994

Coleman, Graham: Handbook of Tibetan Culture: A Guide to Tibetan Centres and Resources Throughout the World. Rider & Co. 1993. ISBN 0-7126-5663-4(Whitaker)

Hässig, A.: Was lehrt uns die traditionelle Medizin des fernen Ostens?
Schweiz. Z für Ganzheitsmedizin, 3, 326-327, 1991

Hässig, A, Hodler, J, Liang Wen-Xi, Stampfli K.: Pathogenetische Überlegungen über westliche Ernährungsgewohnheiten als Hauptursache der Atherosklerose. In:Ganzheitsmedizin. Zweiter Wiener Dialog. Hrsg. v. Stacher, A. Facultas 1991:315-320

Smulski, H.S, Wojcicki, J.: Plazebokontrollierte Doppelblindstudie zur Wirkungdes tibetanischen Kräuterpräparates Padma 28 auf die Claudicatio intermittens.Forschende Komplementärmedizin 1, 18-26, 1994

Das Institut für Pharmakognosie der Universität Wien  führt seit Mai 1993 eingemeinsames Forschungsprojekt mit dem Tibetan Medical and Astrological Institute (TMAI), Dharamsala, Indien. Die Hauptaufgabe des Projekts ist es,das Wissen der tibetischen medizinischen Tradition zu bewahren und tibetische Ärzte in westlichen Methoden der Qualitätskontrolle für tibetische Drogen zuschulen. Das Projekt wird von der Sektion für Entwicklungszusammenarbeit desösterreichischen Bundeskanzleramtes gefördert.

Chakpori - Gesellschaft zur Förderung der Tibetischen Medizin und Kultur
Pötzleinsdorfer Straße 59
A-1180 Wien
Tel. & Fax: (+43-1) 470 61 02

Studiengruppe für Tibetische Medizin
Dammstrasse 29,
CH-8702 Zollikon,
Fax: (+41-1) 391 98 18

Das wichtigste internationale Zentrum für Tibetische Medizin ist das

Tibetan Medical and Astrological Institute (TMAI)
Khara Danda Road
Dharamsala
District Kangra
H.P. 176215
India

Office of Tibet
Herr Gyaltsen Gyaltag
Waffenplatzstraße 10
CH-8002 Zürich
Dies ist die offizielle Vertretung S.H. des Dalai Lama für Mittel- und Südeuropa.

Die Studiengruppe für Tibetische Medizin, Zollikon, hält alle 2 Jahre die"Luzerner Phytotherapiegespräche" ab (Thema 1994: Antioxidantien in derErnährung, Lancet 344 (1994) 1356). Hier werden Aspekte von Tibetischen Phytopharmaka jenen westlicher Therapieansätze gegenübergestellt und evaluiert.

Ausbildungs-/ Fortbildungsmöglichkeiten

Erfolgt direkt durch tibetische Lama-Ärzte, Auskünfte beim Office of Tibet oder beim TMAI

Universität Wien, Institut für Tibetologie und Buddhismuskunde
Maria Theresienstraße 3
A-1090 Wien

Die Bibliothek umfaßt insgesamt 8000 Texte über Buddhismus und Tibet und weitere 4000 Texte auf Mikrofiche. Religiöse und philosophische Schriftenüberwiegen.

Bibliothek der Studiengruppe für tibetische Medizin,
Dammstrasse 29,
CH-8702 Zollikon,
Fax: (+41-1) 391 98 18

Etwa 100 Bücher über tibetische Medizin sowie Fachdokumentation der neuesten wissenschaftlichen Arbeiten über tibetische Medizin.

Studiengruppe für Tibetische Medizin

Dammstrasse 29
CH-8702 Zollikon
Fax: (+41-1) 391 98 18

 

Entnommen den berliner heilpraktiker nachrichten