HOPFEN UND BIER, EIN HEILMITTEL ?
von Arne Krüger
Holde Täuschung von Eugen Roth
Bei
Nikotin und Alkohol
Fühlt
sich der Mensch besonders wohl.
Und
doch, es macht ihn nichts so hin,
Wie
Alkohol und Nikoton.
Forscher der japanischen Okayama-Universität haben festgestellt, daß Hopfen die Eigenschaft hat, krebserregende Substanzen zu binden. Die gelingt nicht nur dem reinen Hopfen, sondern ist auch bei Hopfen, der als Bestandteil im Bier auftritt, nachzuweisen. Sollte man nun dazu übergehen, regelmäßig Bier zu trinken ?
Was ist Bier ?
Bier und bierartige Getränke wurden überall auf der Welt erfunden. Die bierartigen Getränke bestehen hauptsächlich aus Wasser, in dem ein stärke- oder zuckerhaltiger Gärstoff gelöst ist. Durch Hinzufügen von kultivierter oder wilder Hefe geht die Lösung in Gärung über. Das dabei entstehende Gebräu hat einen Alkoholgehalt zwischen 2 % und 5 %. Bei modernen Bieren kann der Alkoholgehalt bis zu 10 % betragen.
Bier enthält enthält neben Wasser und Alkohol ca. 5 % Kohlenhydrate, 0,8 % Protein, 0,35 % Gerbstoffe, 0,15 % Hopfenbitterstoffe, 0,4 % Mineralsalze und fast alle B-Vitamine. Durch die Kohlenhydrate und Vitamine hat Bier auch einen gewissen Nährwert, es wird mitunter auch als flüssiges Brot bezeichnet.
Tabelle : Alkoholgehalt verschiedener Biersorten :
Alkoholfreies Bier 0 0,7 %
Leichtbier 2,8 3 %
Weißbier 4 5 %
Pils 4 5 %
Exportbier 5 6 %
Bockbier 5 7 %
( Modifiziert nach Hermle-Geibel )
Bei der Bierherstellung werden die unlöslichen Bestandteile von Gerste durch den Zusatz von Enzymen ( z.B. Amylase ) aufgeschlossen und unter Zugabe von Wasser unter Luftzufuhr einem Keimungsprozeß ausgesetzt ( Malzen ). Das so entstandene Grünmalz wird durch Lufttrocknung bei langsam ansteigenden Temperaturen getrocknet. Das Gerstenkorn stirbt dabei ab. Das Malz wird danach geschrotet und bei 55° C mit Wasser zur Maische angerührt. Dabei werden die flüssigen Bestandteile ( Würze ) der von den unlöslichen Bestandteilen ( Treber ) getrennt. Die Würze wird mit Hopfen zusammen 1 4 Stunden gekocht. Das Kochen dient der Entkeimung, Konservierung und Aromatisierung der Würze. Die abgekühlte Würze wird unter Zugabe von Bierhefe für 8 10 Tage der Hauptgärung und danach für 8 12 Wochen der Nachgärung unterzogen.
Beim Malzbier wird das Malz nicht vergoren und enthält daher nur einen geringen Alkoholgehalt. Die geringe Alkoholmenge, die selbst im Malzbier zu finden ist, entsteht schon beim Malzen durch den enzymatischen Abbau der Kohlenhydrate. Wenn man dem Malzbier Zucker zusetzt, darf es in Bayern wegen des Reinheitsgebotes nicht mehr als Bier bezeichnet werden. Aus diesem Grund wird das Malzbier heute meist als Malztrunk bezeichnet. Auch alkoholfreies Bier kann Alkohol in geringen Mengen enthalten, da der Alkoholgehalt erst ab einer bestimmten Grenze zu deklarieren ist. Aus diesem Grund sollten Alkoholiker auch bei "alkoholfreiem" Bier vorsichtig sein. Auch für Kinder ist alkoholfreies Bier nicht geeignet. Auch wenn der Alkoholgehalt nur gering ist, kann die Gewöhnung an den Biergeschmack die Kinder früh in den Alkoholismus führen.
Geschichte des Biertrinkens :
Die Alkoholwirkung ist zweifellos der Hauptgrund, weshalb sich dieses Getränk durch die Jahrhunderte hindurch die enorme Wertschätzung erhalten hat, die wir auch heute noch täglich beobachten können. Alkohol wirkt in kleinen Dosen anregend, in höheren Dosen dagegen beruhigend und betäubend. Ursprünglich war Bier ein Ritualtrunk, der bei schamanischen oder religiösen Zeremonien getrunken wurde, um die Götte zu ehren und um den Kontakt zur anderen Wirklichkeit herzustellen. Die Ritualbiere wurden meist auch mit psychoaktiven Pflanzen versetzt ( Stramonium, Hyoscyamus, Ledum, Baldrian ). Archäologische Funde zeigen, daß bereits die Sumerer 5000 v.Chr. Getreide vermalzt haben. In Babylonien und im antiken Ägypten stand das Braugewerbe in hoher Blüte. In Deutschland wurde das Bierbrauen an den großen kaiserlichen Gütern und in den Klöstern gepflegt. In den Klöstern hatte dies unter anderem den Grund, daß Bier während der Fastenzeit als Stärkung erlaubt war. Der Hopfenzusatz hatte zusätzlich den Vorteil, den sexuellen Drang der Mönche zu dämpfen.
Im Mittelalter war das Bierbrauen auch mit der Alchimie und Hexerei assoziiert und geriet deshalb in öffentlichen Verruf. Der schlechte Ruf resultierte im besonderen aus den geheimen Zusätzen ( Baldrian, Wermut, Ochsengall ), die dem Bier zugesetzt wurden, um eine stärkere Rauschwirkung zu erzeugen und einen höheren Alkoholgehalt vorzutäuschen. Der Gebrauch von Hopfen als Biergewürz ist eine Erfindung christlicher Mönche. Im deutschen bzw. bayrischen Reinheitsgebot aus dem Jahr 1516 wird ausdrücklich der Gebrauch des Bilsenkrauts ( Hyoscyamus niger ) als Bierzusatz verboten und lediglich Hopfen als Bierwürze erlaubt. Die ursprünglichen Biere wurden und werden mit Hirse, Mais, Cassavaknollen, Kartoffel oder Getreide hergestellt. Heute ist die Gerste weltweit das meistgenutzte Braugetreide. Wilhelm von Bayern erließ 1516 die Staatsverordnung : "Wir wollen auch, daß in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier etwas anderes als Gerste, Hopfen und Wasser genommen werden soll."
"Die Kunst, Bier zu brauen, wurde dem Menschen aus besonderer Güte und Gnade offenbart. Als noch niemand wußte, wozu Gerste gebraucht werden könnte, hat Dionysos den Trank erdacht und es diejenigen gelehrt, bei denen keine Weinberge sind, damit sie nicht wie Gänse und Enten, Wasser trinken müssen."
Christoph Wiege, Regensburg 1698 ( nach Rätsch )
Im Mittelalter wurde der Rausch noch unverhohlen als positive, daher erstrebenswerte Erfahrung gewertet und demzufolge auch offiziell ins gesellschaftliche Leben eingebaut. Als Schutz gegen Normüberschreitungen geschah dies jedoch in weitgehend ritualisierter Form, z.B. bei offiziellen Gelagen, Erntedankfesten, Krönungszeremonien etc. In der Neuzeit entwickelt sich mit zunehmender Privatisierung des Trinkens eine zweigleisige Einstellung: Das Trinken wurde zwar toleriert, aber nur solange, wie es nicht zu Überschreitungen gewisser Verhaltensnormen führt. Die Kontrolle wurde dabei mehr und mehr dem Einzelnen überlassen. Der Verlust der Kontrolle über das eigene Verhalten wurde als "Sünde" oder "Charakterschwäche" gewertet und mit gesellschaftlicher Verachtung geahndet.
Fürst Otto von Bismark ( 1815 1898 ) schätzte das Biertrinken anscheinend nicht sehr, er äußerte :
"Es gehört zum deutschen Bedürfnis, beim Biere von der Regierung schlecht zu reden." und "Mit nichts vergeuden die Deutschen mehr Zeit als mit dem Biertrinken."
Hopfen als Bierwürze :
Hopfen ( Humulus lupulus Linné ) wird in vielen Kulturvarianten angebaut. Synonymnamen sind : Bierhopfen, Chmel ( tschech. ),Hop ( engl. ), Hopf, Hoppen, Hoppho, Hops, Houblon ( franz. ), Humle ( dän. ),Hupfen, Komlo ( ungar. ),Lupolo, Luppolo ( ital. ), Lupulo, Vigne du nord.
Der Hopfen stammt aus der Familie der Cannabaceae, der hanfartigen Hanfgewächse. Botanisch ist der Hopfen der nächste Verwandte des Hanfs ( Cannabis indica, Cannabis sativa ).
Hopfen wurde namentlich erstmals im Mittelalter erwähnt. Hildegard von Bingen ( 1098 1179 n.Chr. ) hat erstmals die psychoaktiven Wirkungen und den Gebrauch von Bier als Konservierungsmittel beschrieben. Der Hopfen wird in den mittelalterlichen Klöstern als "Seele des christlichen Bieres" bezeichnet. Die Mönche schätzten die Hopfenwirkung im Bier zur Unterdrückung ihrer sexuellen Lust. Aus diesem Grund wurden in den Klöstern mitunter große Biermengen konsumiert, um den ( sexuellen ) Versuchungen des Teufels zu widerstehen.
Der Hopfen wird heute in allen gemäßigten Zonen der Erde angebaut, wobei in den Hopfenkulturen nur weibliche Pflanzen verwendet werden. Die Vermehrung erfolgt vegetativ, was bedeutet, daß die neuen Pflanzen durch Stecklinge gezogen werden. Hopfen ist ein 6 bis 8 Meter langes, ausdauerndes und rechtswindendes Schlinggewächs. Die weiblichen Blüten bilden eine Scheinähre, die zu den Fruchtzapfen ( Hopfenzapfen ) reifen. Die Blütezeit liegt zwischen Juli und August und die Fruchtzapfen reifen von September bis Oktober. Die Fruchtzapfen müssen geerntet werden, bevor sie die Drüsenblätter verlieren.
Hopfen in der Volksheilkunde :
Der Hopfen und Hopfenextrakte werden sowohl in der Schulmedizin als auch in der Volksheilkunde als Beruhigungsmittel eingesetzt. Auch Hopfentee kann bei Unruhe, Angstzuständen und Schlafstörungen verwendet werden. Auch in der Aromatherapie werden Hopfenkissen zur Beruhigung und bei Schlafstörungen eingesetzt.
Als Hausmittel wird Hopfen neben der Anwendung als Beruhigungsmittel auch bei nervösen Megenbeschwerden, Periodenbeschwerden, klimakterischen Beschwerden sowei Blasen- und Nierenleiden verwendet.
In der Pflanzenheilkunde wird Hopfen als mildes Sedativum, besonders bei Einschlafstörungen verwendet. In einer Vielzahl von Fertigpräparaten wird der Hopfen mit anderen sedativ wirkenden Pflanzen wie Baldrian, Passiflora, Melisse, Avena sativa und Hypericum kombiniert.
Inhaltsstoffe des Hopfen :
Die Hopfenzapfen ( Lupuli strobulus DAB 1996 ) enthalten 15 % bis 30 % Harze, Bittersäuren ( Humulon, Lupulon ), ätherische Öle, Mineralstoffe, Flavonoide, Chalkone, Polyphenole und Catechine. Der Bitterstoff Lupulon befindet sich in gelben Harzkörnchen in den Hopfenzapfen. Das Lupulon gibt dem Bier seine charakteristische Bitterkeit. Lupulon wirkt antibiotisch, beruhigend und verhindert die Ejaculatio praecox ( vorzeitige Ejakulation ). Die Bitterstoffe des Hopfen wirken antibiotisch, antimykotisch, spasmolytisch und östrogen. Die östrogenen Wirkungen führen bei chronischem und intensivem Bierkonsum zu einer Verweiblichung. Diese Verweiblichnung wird auch als Ausbildung von sogenannten "Biertitten" bezeichnet. Bei Frauen kann sich diese Östrogene besonders ab dem Klimakterium durchaus positiv auswirken. 3 bis 6 Bier pro Woche steigern den Östrogenspiegel der Frau dann um bis zu 20 % und beugen so altersbedingter Osteoporose ( Knochenbrüchigkeit ) vor.
Die Hopfenblätter enthalten Kämpferöl, Quercetin, Quercetinglykoside, Proanthocyanidine, Ascorbinsäure und Quebrachitol. Trotz der nahen Verwandschaft des Hopfen mit dem Hanf ist es bisher nicht gelungen im Hopfen Cannabinoide ( THC ) nachzuweisen.
In der Toxikologie des Hopfens findet sich z.B. bei Aufnahme von großen Mengen Hopfen Kopfschmerzen, Ekelgefühl, Appetitverlust und eine Pulsverlangsamung. Auch beim längeren Aufenthalt in Hopfenmagazinen kann es zu Kopfschmerzen und Schläfrigkeit kommen. Bei Hopfenpflückern zeigen sich sowohl sedative Wirkungen als auch zum Teil heftige Hautreaktionen auf den Hopfen.
Hopfen in der Naturheilkunde :
Hopfenblütentee kann man zubereiten, indem 2 gehäufte Teelöffel Hopfenblüten ( Hopfenzapfen ) mit ź Liter kochendem Wasser übergossen werden und ca. 15 Minuten ziehen. Von dem Hopfenblütentee kann man 2 mal täglich 1 Tasse trinken, oder vor dem Zubettgehen 1 Tasse Tee als Schlaftrunk.
Als Tagesberuhigungsmittel empfielt Zizmann die Hopfentinktur in 2 Kombinationen :
Rp. Tinct. Melissae 20,0
Tinct. Humuli lupuli
Extr. Passiflorae inc. fluid. aa 15,0
M.d.s. 3 4 x 25 30 Tropfen / Tag
Rp. Extr. Valerianae fluid.
Extr. Melissae fluid. aa 30,0
Extr. Humuli lupuli fluid 25,0
Tinct. Lavandulae 15,0
M.d.s. 3 4 x 25 35 Tropfen / Tag
Bei Nervosität und Spannungszuständen kann man nach Zizmann Hopfen ebenfalls verwenden :
Rp. Tinct. Humuli lupuli
Extr. Passiflorae inc. fluid.
Tinct. Melissae aa ad 50,0
M.d.s. 2 x 20 30 Tropfen / Tag
Hopfen in der Homöopathie :
In der Homöopathie zeigt Humulus lupulus ( oder Lupulus humulus ) Schläfrigkeit, besonders am Tage und ein Betäubungsgefühl. Die Patienten zeigen eine Kopf- und Gesichtshitze sowie drückende und ziehende Kopfschmerzen. Man kann ein vermehrtes Wärmegefühl im Magen finden, sowie Übelkeit, Aufstoßen, Drehempfindungen im Magen, ein vermehrtes Hungergefühl ohne Appetit und weiche Stühle. Es finden sich Polyurie und Schmerzen beim Wasserlassen. Die Gebärmutter kann einen Blutandrang zeigen. Im Bereich der Extremitäten findet sich ein rheumaähnliches Ziehen und ein Zucken der Muskulatur. Auf der Haut können sich Bläschen im Gesicht und an den Händen finden. Die Bläschen platzen später auf und verschorfen.
Humulus Lupulus wird in der Homöopathie besonders bei Nervenabspannung, häufigen Pollutionen ( nächtlichen Samenergüssen ), nach sexuellen Exzessen, geistiger Benebelung, Schwäche und gegen die Folgen des Rauchens empfohlen. Antidote sind Coffea und Essig. Vergleichsmittel sind Nux vomica, Urtica urens und Cannabis.
Biochemie und Pharmakologie des Bieres :
Die Bierbestandteile werden weitgehend im Darm resorbiert. Durch die diuretische Wirkung des Alkohols wird ein großer Teil des Wassers schnell wieder über die Nieren ausgeschieden. Neben dem Hopfen ist der Alkohol des Bieres die pharmakologisch wichtigste Substanz. Als Alkohol enthält Bier Äthyl-Alkohol (Äthanol). Alkohol wird im gesamten Magen-Darm-Trakt, beginnend von der Mundschleimhaut, sehr gut resorbiert, wobei über die Mundschleimhaut am schnellsten hohe Blutwerte erreicht werden, da der Alkohol hier die Leber umgeht. Die Alkoholresorption wird durch warmen Alkohol ( warmes Bier ) und durch Kohlensäure (Sekt) wegen der verstärkten Magen-Darm-Durchblutung beschleunigt. Dem hingegen vermindern Nahrungsaufnahme, besonders Fette und Proteine, die Geschwindigkeit der Alkoholresorption, wobei die endgültige Aufnahme die gleiche bleibt, nur sie geschieht langsamer. Bei leerem Magen dauert die Resorption 1- 2 Stunden, bei gefülltem Magen sind es ca. 6 Stunden. Der Alkohol wird nach seiner Resorption über das Pfortaderblut zur Leber transportiert und dort verstoffwechselt. In der Leber wird der Alkohol durch das Enzym Alkoholdehydrogenase zu Acetaldehyd abgebaut. Diesen Acetaldehyd kennen alle Trinker, denn er ist der Stoff, der den Kater macht. Acetaldehyd wird dann durch die Acetaldehyddehydrogenase weiter abgebaut zu Acetat ( Essigsäure ). Die Essigsäure wird dann im ganzen Körper dem Energiestoffwechsel zugeführt und über den Zitratzyklus und die Atmungskette zu Kohlendioxyd (CO2) und Wasser oxidiert. Hierbei entsteht Energie (ATP). Falls sich der Körper keinen ATP-Bedarf hat, kann die Essigsäure auch in die Lipogenese eingeschleust werden bzw. als Fett gelagert werden.
Der Alkoholabbau durch die Alkoholhydrogenase ist mengenmäßig durch die Anzahl der vorhandenen Enzyme begrenzt, und zwar wird pro 10 kg Körpergewicht in einer Stunde 1 g Alkohol abgebaut. Die Enzymdichte der Alkoholdehydrogenase kann auch durch fortgesetztes "Training" nicht erhöht werden, so daß die Gewöhnung des Alkoholikers an große Alkoholdosen eine reine Gewöhnung des zentralen Nervensystems ist. Das bedeutet, der Alkoholiker, der zehnmal soviel trinken kann, hat auch die zehnfache Giftdosis im Körper. Die gleichbleibende Abbaurate des Alkohols durch die Leberenzyme ist übrigens die Grundlage für die Promilleberechnung durch die Polizei zur Feststellung der Alkoholkonzentration bei Unfällen.
Wirkungen des Alkohols :
Äthanol bewirkt eine verstärkte Magen-Darm-Durchblutung und eine vermehrte Sekretion von Salzsäure und Verdauungsenzymen. Bei Herz- und Kreislauf wird die periphere Durchblutung angeregt, dadurch ist die Haut gerötet und warm, was als positive Wirkung empfunden wird, wenn man friert, allerdings wird durch die vermehrte Hautdurchblutung natürlich auch vermehrt Wärme abgegeben. In den Atemwegen kommt es zu einer Verstärkung der Atmung. Dies zeigt sich zum einen im vermehrten Japsen der Betrunkenen und zu lautem Schnarchen in betrunkenem Schlaf. In der Niere fördert der Alkohol zum einen den Grundumsatz der Nierentubuli und zum anderen selektiv die Nierendurchblutung, dies führt zu einer verstärkten Diurese (Harnbildung), was den verstärten Harndrang erklärt. Trotz dieser nierenanregenden Wirkung ist die Bierempfehlung beim Nierensteinpatienten unter dem Aspekt des Alkoholismus nicht unumstritten. Beim Mann kommt es durch den Alkohol zu einer Steigerung der Libido (sexuelles Verlangen), aber zu einer verminderten Erektionsfähigkeit. In der Leber kommt es durch die Entgiftungsfunktion zum Teil zur Überlastung des Leberstoffwechsels und durch die hohe Alkoholkonzentration auch zur toxischen Zellschädigung. Dies führt anfangs zur Leberzellverfettung, später dann zur Fettleber-Hepatitis und in der Folge durch Zerstörung der Läppchenstruktur der Leber zur Leberzirrhose. Die Folgen der Leberzirrhose bestehen dann im Ausfall der Leber als wichtigste Körperdrüse, und zwar sowohl für die Blutbildung (Transportproteine, Gerinnungsfaktoren, Energiestoffwechsel) und für die Verdauung (Gallensäuren) und Ausscheidung von Giftstoffen. Aufgrund dieses Ausfalles kommt es zur Ascites (Bauchwassersucht) und zur langsamen Vergiftung des Körpers mit Stoffwechselschrott bis hin zum Leberkoma. Am Magen-Darm-Trakt kommt es durch die dauerhafte Alkoholwirkung zu chronischen Entzündungen (Gastritis und Enteritis), was wiederum die normale Nahrungsverwertung einschränkt. Der wichigste Angriffspunkt ist das zentrale Nervensystem. Im ZNS kommt es je nach Alkoholdosis zu verschiedenen Wirkungen. In geringen Dosen werden eher hemmende Zentren des ZNS gehemmt, dadurch kommt es zur psychischen Auflockerung, zur Fröhlichkeit, Redseligkeit und auch zur Selbstüberschätzung. Diese Wirkungen, die schon bei geringen Alkoholdosen auftreten, sind ja manchmal ganz nett, aber unter dem Aspekt einer psychischen Krankheit oder des Straßenverkehrs schon gefährlich. Körperlich sichtbare Folgen dieser "Enthemmung" sind auch schon erste Gangstörungen bei 0,3 o/oo oder eine Einschränkung des Gesichtsfeldes bei 0,4 o/oo. In höheren Alkoholdosen kommt es zur Hemmung von erregenden Zentren des ZNS, wodurch es zu Koordinationsstörungen, Sprachstörungen, zur Verlängerung der Reaktionszeit, zu Störungen in der optischen und akustischen Wahrnehmung (Rausch) kommt. In diesem Rauschzustand sinkt die Muskelleistung und man findet eine fatale Diskrepanz zwischen der eigenen Einschätzung der Leistungsfähigkeit und der Realität. Bei 1,4 o/oo liegt ein kräftiger Rauschzustand vor, bei 2,0 o/oo ist das Bewußtsein stark eingetrübt und hier fehlt dann auch meist das Erinnerungsvermögen, was für den Betroffenen zum Teil peinlich sein kann (in welchem Bett wache ich denn heute auf) aber auch die elegante Möglichkeit bietet, sich des eigenen Verhaltens in betrunkenem Zustand nicht erinnern zu müssen. Dies ist sicherlich auch eine Schutzfunktion, um sich wenigstens den Anschein von Würde zu erhalten. Bei 4,0 bis 5,0 o/oo liegt die tödliche Grenzkonzentration, die beim "normalen Menschen" über die Atemdepression und das Koma zum Tode führt. Das Gehirn gewöhnt sich an die dauerhafte Blockade der erregenden Zentren, so daß der Alkoholkranke im nüchernen Zustand häufig über Koordinationsstörungen (Zittern), Übelkeit, Erbrechen, Unwohlsein, Konzentrationsstörungen oder Schlaflosigkeit. Beim ausschließlichen Bierkonsum werden normalerweise nie tödliche Alkoholdosen erreicht, denn aufgrund der großen Flüssigkeitsmenge, die man mit einer großen Biermenge zu sich nimmt, verhindert alleine das häufige Wasserlassen irgendwann das weitere Trinken. Bei einer Kombination von Bier und Schnaps sieht dies allerdings anders aus.
Alkoholfolgeerkrankungen :
Alkohol, in größeren Mengen genossen, kann fast alle Organsysteme schädigen. Die wichtigsten Folgeerkrankungen sind Leberschäden, Magenschleimhautentzündungen, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Herzmuskelkrankheiten, Nervenentzündungen, Epilepsie, Hirnschädigungen und embryonale Mißbildungen.
Auch durch den ausschließlichen Bierkonsum kann sich ein Alkoholismus entwickeln. Ausführliche Informationen sind in dem Artikel von Dagmar Lahn und mir in der Volksheilkunde Nr. 2 und 3 / 1999 zu finden.
Abschluß :
Es zeigt sich, daß die heilenden Wirkungen des Bieres im wesentlichen auf den Hopfen zurückzuführen sind.
Die Wirkungen des Hopfens werden im Bier durch den Alkohol nicht beeinflußt. Darum kann man die heilenden Kräfte des Bieres genausogut durch alkoholfreies Bier, Hopfentees oder Tinkturen zu sich nehmen. Neben einer möglichen Tumorprophylaxe zeigen amerikanische Studien auch eine signifikante Steigerung der Leistungsfähigkeit des Gehirns bei Testpersonen, die ein Glas Bier am Tag getrunken haben. Dieser Effekt soll auf der Wirkung der B-Vitamine beruhen. Bei größeren Bierdosen sinkt die Gehirnleistung durch den Alkohol allerdings deutlich. Also wäre ein Glas Bier am Tag vertretbar, vielleicht sogar gesund, mehr an Bier sollte es aber dann nicht sein. Ein weiteres nicht unwesentliches Kriterium für oder wider das Biertrinken habe bisher noch nicht angesprochen, nämlich, ob einem das Bier schmeckt. Zu dieser Frage möchte ich nur einen Vers zitieren.
Das ist`s !
von Eugen Roth
Ein Mensch ißt gerne Kuttelfleck.
Ein andrer graust sich vor dem Dreck:
Die ganze Welt, das ist ihr Witz,
Ist Frage nur des Appetits.
Verwendete Literatur :
Augustin, M. / Schmiedel, V. : Praxisleitfaden Naturheilkunde, Fischer-Verlag, 3.Aufl. 1998, Ulm
Boericke, W. : Homöopathische Mittel und ihre Wirkungen, G & P Verlag, 4.Aufl. 1993, Leer
Braun, H. / Frohne, D. : Heilpflanzenlexikon, Fischer-Verlag, 6.Aufl. 1994, Stuttgart
Brechmann, H. : Neuer Hausschatz der Heilkunde, Wiest-Verlag, 1.Aufl. 1936, Leipzig
Follmann, G. et al : Das neue große farbige Lexikon, Bassermann-Verlag, 2.Aufl. 1989, Niedernhausen
Forth, W. et al : Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, B.i. Wissenschaftsverlag, 6. Aufl. 1992, Mannheim
Haußmann, S. : Sucht macht Sehnsüchte, Naturheilpraxis 9 / 1992
Hermle-Geibel, B. : Gratwanderung zwischen Genuss und Verdruss, PTA heute Nr. 10 / 1998
Krüger, A. / Lahn, D. : Alkoholismus, Berliner Heilpraktiker Nachrichten, Nr.4/5 1994
Krüger, A. / Lahn, D. : Alkoholismus, Volksheilkunde Nr.2/3 / 1999
Madaus, G. : Lehrbuch der Biologischen Heilmittel Bd. 8, Mediamed-Verlag, Nachdruck 1989, Ravensburg
Pahlow, M. : Heilpflanzen, Gräfe und Unzer, 1.Aufl. 1993, München
Pabst, G. : Köhlers Medizinal Pflanzen, Köhler-Verlag, 1.Aufl. 1887, Gera, Nachdruck im Bechtermünz-Verlag 1997, Augsburg
Rätsch, Ch. : Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, AT-Verlag, 2.Aufl. 1998, Aarau
Rätsch, Ch. : Vom Met der Inspiration zum Geist des Weines, Naturheilpraxis Nr. 10 / 1998
Roth, E. : Der Wunderdoktor, Hanser-Verlag, 1962, München
Seibert, G. / Wendelberger, E. : Lexikon 2000 Bd. 3, Wissen-Verlag, 2.Aufl. 1975, München
Siegel, R.K. : Rauschdrogen, Eichborn-Verlag, 1.Aufl. 1995, Frankfurt/M.
Stübler, M. / Krug, E. : Leeesers Lehrbuch der Homöopathie, Haug-Verlag, 2.Aufl. 1987, Heidelberg
Wenigmann, M. : Phytotherapie, Urban & Fischer Verlag, 1. Aufl. 1999, München
Weiss, R.F. : Lehrbuch der Phytotherapie, Hippokrates-Verlag, 8.Aufl. 1997, Stuttgart
Wichtl, M. et al : Teedrogen und Phytopharmaka, WVG, 3.Aufl. 1997, Stuttgart
Zizmann, P. : Pflanzliche Tinkturen und Extrakte Erfolgreich rezeptieren, Sonntag-Verlag, 1.Aufl. 1996, Stuttgart
Entnommen den berliner heilpraktiker nachrichten