Heilende Erden
Von Heinrich Dapper
Was sind Erden ?
Geologisch betrachtet, gibt es nur eine Erde. Sie ist einer der neun Planeten
der Sonne, die vom Menschen und anderen Lebewesen bewohnt ist.
Die Chemiker bezeichnen als Erden Sauerstoffverbindungen von Metallen, zu denen z.B. die Tonerde gehört.
Auch die Bodenkundler kennen das Wort Erde. Sie benutzen es, um bestimmte Bodentypen (z.B. Braunerde, Schwarzerde) zum Ausdruck zu bringen.
Erden, die schon seit langer Zeit zu Heilzwecken verwendet und deshalb als Heilerden bezeichnet werden, sind ein Begriff aus der Volksmedizin. Solche Erden, bisweilen nicht als solche erkannt, sind vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus Mineralien o6er Gesteine. Es handelt sich dabei um natürliche, anorganische, homogene oder auch durch Umbildung organischer Körper entstandene Verbindungen bzw. Gemenge unterschiedlicher Mineralien und aus ihnen hergestellte Produkte.
Als Mineral wäre Smektit zu nennen, der in Colina (Fa.Intersan) enthalten ist,
und Kaolin (weißer Ton, Bolus albus). Kochsalz, auch Steinsalz genannt, ist ein Mineral, in Form des Meersalzes jedoch ein Gestein. Weitere Beispiele für Gesteine sind Löß (Luvos Heilerde, Fa. Heilerde-Gesellschaft Luvos Just), Lehm (Kneipp Lehm, Lehmbad nach Felke) oder Vulkanerde. Ein Sedimentgestein mit organischem Aufbau ist der Torf (Moorbad). Eine organisch-mineralische Zusammensetzung haben Schlämme (Fango) und schließlich Ölschiefer, der Ausgangsmaterial ist für Ichthyol (Fa. Hamburger Ichthyol-Gesellschaft) und eigentlich nicht mehr unter heilender Erde geführt werden darf.
Wie sind heilende Erden zusammengesetzt ?
Smektit, aus Sardinien stammend, ist ein zu den Tonmineralien zu zählendes Aluminiumsilikat, das durch Verwitterung von vulkanischem Eruptivgestein entsteht. Sein dreischichtiger Kristallaufbau (eine Oktaederschicht zwischen zwei Tertiärerschichten) hat zur Folge, daß sich Stapel bilden mit einer besonders grossen Oberfläche (ca. 700 m2/ g).
Eine andere Bezeichnung für Kaolin ist Porzellanerde. Sie ist ein wasserhaltiges Tonerdesilikat der Glimmer-Gruppe, die im Gegensatz zum Smektit aber nur zweischichtig aufgebaut ist und dementsprechend eine kleinere Oberfläche besitzt.
Kochsalz , das bergmännisch abgebaut wird, ist, chemisch gesehen, Natriumchlorid. Es kommt in großen Lagern vor, die durch Sedimentation in ehemaligen Salzseen oder Binnenmeeren in reiner Schicht entstanden sind. Meersalz, auch als Seesalz bezeichnet, enthält außer Natrium und Chlorid noch Sulfat, Magnesium, Calcium, Kalium, Bicarbonat, Bromid, Strontium, Borat, Fluorid u.a. Die Gewinnung erfolgt durch Verdunstung von Meerwasser.
Löß ist ein meist kalkhaltiges, gelbliches, lockeres, poröses, ungeschichtetes, feinkörniges Trümmergestein, das hauptsächlich aus Quarzkörnchen besteht, dem z.B. Feldspat (20 %), Kalkspat (10,5 %), Dolomit (3,5 %) und Glimmer (10 %) beigemengt sein können. An Spurenelementen werden z.B, Kupfer, Gold, Nickel, Chrom und Barium angetroffen. Löß wurde als Staub durch Winde aus asiatischen Steppengebieten während der Eiszeit nach Mitteleuropa (z.B. Magdeburger Börde) transportiert und abgelagert. Aus ihm bildete sich die fruchtbare Schwarzerde.
Der Lehm ist eine Bodenart, die auf Grund der Korngröße bestimmt wird. Er stellt ein uneinheitliches Korngemisch aus Sand (50 - 60 %), Schluff (25-30%) und Ton (20 - 25%) dar. Durch Eisenverbindungen ist er gelb bis braun gefärbt. Im Vergleich zu reinem Ton ist er weniger plastisch und dafür rauher.
Die Vulkanerde stellt ein mehlartiges, grünlich-graues, sandfreies Pulver dar, das auch eine große Oberfläche besitzt. Sie ist reich an kieselsauren Salzen und Spurenelementen (z.B. Titan, Chrom, Mangan). Besonders hoch ist der Gehalt an Magnesium und Eisen (Magnesiumoxid 21,8 %, EisenIIoxid 8,5 %, EisenIIIoxid 3,7%).
Reim Torf, 'besser Moostorf, handelt es sich um eine semiterrestrische Humusform der Hochmoore. Er ist stark sauer (pH-Wert 2,5 - 4,5) und eine Anhäufung abgestorbener Pflanzen (besonders Torfmoose der Gattung Sphagnum) unter reduzierenden Bedingungen infolge Luftabschluß durch nährstoffarmes Niederschlagswasser. Der Zersetzungsgrad
und damit auch die Farbe können unterschiedlich sein. Von den vielen organischen Inhaltsstoffen sind vor allem die Wirkstoffe interessant. Zu nennen wären hier u.a. Enzyme, mit den Östrogenen verwandte Hormone, Vitamine und Antibiotika.
Heilkräftige Schlämme können vulkanischen Ursprungs sein oder sind Ablagerungen in Seen und langsam fließenden Gewässern, bestehen überwiegend aus Mineralien, enthalten aber auch organische Substanzen und häufig auch Mikroorganismen. Das Fango, von dem es je nach Herkunft unterschiedliche Ausbildungen gibt , ist das bekannteste Beispiel.
Unter Ölschiefer wird ein in dünnen, ebenen Platten brechendes Gestein verstanden, das dunkel gefärbt ist und in dem sich schwefelhaltiges C'1 befindet. Dieses wird durch trockene Destillation unterhalb von 480 C gewonnen und destillativ aufbereitet. Durch Sulfonierung bestimmter Öl-Anteile bilden sich je nach Temperatur helles oder dunkles Ichthyol (Ammoniumbituminosulfonat), das im Gegensatz zum Teer wasserlöslich ist.
Wie werden heilende Erden angewendet ?
Ihre Anwendung findet innerlich und/oder äußerlich statt.
Pulvrige Substanzen, wie sie bei Smektit, Kaolin, Löß, Lehm oder Vulkanerde vorliegen, werden in Flüssigkeiten (Wasser, Tee, Säfte) suspendiert und dann schluckweise getrunken. Eine andere Möglichkeit besteht darin, sie trocken in den Mund zu nehmen und mit reichlich Flüssigkeit hinunterzuspülen. Meist kommen 1/2 bis 1 Teelöffel 2 - 3 mal täglich in Frage. Grundsätzlich richtet sich die einzunehmende Menge nach der Art und Schwere der Krankheit.
Torf wird als Trinkmoor (1 - 2 Eßlöffel in 1/4 l Wasser) oder in Form von Tabletten (3 mal täglich 1 Tablette) genommen.
Salze werden in Wasser aufgelöst und getrunken oder als Würze den Speisen zugefügt.
Die äußerliche Anwendung verschiedener Erden ist ebenso bekannt und gebräuchlich, findet aber eher unter Kurbedingungen statt.
Dazu gehört das Baden im stark salzigen Wasser des Toten Meeres. Als Nachbehandlung zu Hause eignet sich das aus dem Toten Meer gewonnene Badesalz, das in Leitungswasser aufgelöst wird.
Bekannt sind die äußerlichen Löß- und Lehm-Anwendungen, wie sie von Felke, Just und Kneipp eingeführt wurden und heute noch in der Naturheilkunde praktiziert werden. Es handelt sich um Pflaster, Wickel, Auflagen, sowie Teil- und Vollbäder, die mit sterilisiertem , kühlen Material hergestellt werden. Fertiglehm-Mischungen können käuflich erworben werden. Der anzuwendende Brei wird durch Anrühren mit kaltem Wasser gewonnen. Auch das Lehmtreten ist eine empfehlenswerte Methode. Schließlich wäre noch das Gurgeln und Spülen mit Heilerdewasser zu nennen.
Für die Vulkanerde werden Verbände, Masken, Spülungen und Gurgeln angegeben.
Moorbäder, in Wasser suspendierter Torf, werden warm durchgeführt, wobei von Temperaturen zwischen 40 und 42 Grad C ausgegangen werden muß. Mit Torf lassen sich auch Teilpackungen und Auflagen herstellen. Fertigprodukte aus Moor werden ebenso auf dem Markt angeboten wie solche, in denen Torfbestandteile (Huminsäuren) verarbeitet werden.
Auch Fango-Packungen sind warm. Hier wird sogar eine Temperatur von etwa 50 C angestrebt. Das im Handel erhältliche Pulver wird zu einem Brei angerührt.
Das erwähnte Ichthyol ist ein Öl, das in verschiedenen Arzneimitteln in unterschiedlicher Konzentration enthalten ist. Die Mittel werden je nach Konsistenz eingerieben oder als Salbenverband angelegt.
Wie wirken heilende Erden und für welche Krankheiten sind sie angezeigt ?
Je nach chemischer Zusammensetzung und Aufbau gibt es verschiedene Wirkprinzipien.
Zunächst sei die Aktivität großer Oberflächen genannt, wie sie beispielsweise bei Kaolin und vor allem bei Smektit in Erscheinung tritt. Diese Substanzen, oral genommen, bleiben an den Magen- und Darmepithelien haften, wirken sich günstig auf die Benetzbarkeit des Schleimes aus und verbessern dadurch den Schutz der empfindlichen Darmschleimhaut. So werden körpereigene Enzyme und Gallensäuren ebenso abgefangen wie Toxine, Bakterien und Viren. Andererseits kommt es nicht zu einer Behinderung der Resorption von Wasser, Elektrolyten und Traubenzucker. Indikationen sind akute und chronische Durchfälle. Als Nebenwirkung kann eine schon vorher bestandene Stuhlverstopfung verstärkt werden.
Der Löß kann ebenfalls zur inneren Anwendung kommen. Er schafft im Darm eine große Adsorptionsfläche, die Giftstoffe und Krankheitserreger zu binden vermag.
Ein weiterer Effekt ist die Abgabe von Mineralien , auch von Spurenelementen, die den Stoffwechsel günstig beeinflussen, Mangelerscheinungen beseitigen und die Widerstandskräfte verbessern. So ist Löß vor allem angezeigt bei Magen-Darm-Erkrankungen (z.B. Gastritis, Blähungen, Diarrhöe, Obstipation).
Bei der Vulkanerde steht die Hemmung der Überproduktion von Salzsäure im Magen im Vordergrund, die sich durch saures Aufstoßen, Magendruck, Sodbrennen und sogar Erbrechen äußert.
Durch die Einnahme von Torf ergibt sich die Möglichkeit, insbesondere chronische Erkrankungen von Magen, Darm, Gallenblase und Leber auf Grund der Aktivierung von Heilungsprozessen zu behandeln.
Ganz anders sind Koch- und Meersalz zu sehen. Zunächst ist generell das Salz als 'Würz- und Konservierungsmittel zu nennen. Es wird deshalb auch als Speisesalz bezeichnet. Seine Bedeutung für die Regulierung des Wasserhaushaltes ist ebenso bekannt wie die Schädlichkeit übermäßigen Genusses. Ein Mangel ist nur bei starken Durchfällen oder bei übermäßigem Schwitzen zu befürchten. Nicht zu vergessen sind aber Trinkkuren, die z.B. eine schleimlösende Wirkung haben. In diesem Zusammenhang ist an Emser Salz (Fa.Siemens) zu erinnern, das bei akuten und chronischen Katarrhen angewendet werden kann. Meersalz gibt dem Körper neben Natrium und Chlor noch eine Reihe weiterer, zum Teil lebenswichtiger Elemente. Dabei ist nicht zu vergessen, daß es auch Fluor- und Jod-Lieferant ist und damit zur Prophylaxe der Zahnkaries bzw. Funktionstüchtigkeit der Schilddrüse beitragt.
Eine Kombination von Meersalz, Löß und Torf, wie sie z.B. bei dem Präparat Meer-Löss-Noor (Fa.ISO) vorliegt, hat wieder entzündungswidrige Eigenschaften, die sich sowohl im Bereich des Magen-Darm-Traktes als auch in der Mundhöhle auswirken.
Salze haben eine antiallergische und entzündungshemmende Wirkung , wenn sie auf die Haut gebracht werden. Das zeigt sich bei der Behandlung der Schuppenflechte (Psoriasis) durch Baden im Toten Meer. Rasch läßt dann der Juckreiz nach, und die Teilungsaktivität der kranken Hautzellen wird normalisiert.
Löß und Lehm besitzen aufsaugende, reinigende Wirkung , durch die der Haut Giftstoffe und Absonderungen entzogen werden. Außerdem geht von ihnen ein mild anregender Effekt aus, der sich auch durch eine Förderung der Hautdurchblutung äußert. Die Indikationen sind umfangreich. Je nach Anwendung können mit Löß und Lehm Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Verstauchungen, Verrenkungen, Blutergüsse, Eiterungen, Wunden, Ulcus cruris, Allergien, Verbrennungen, Entzündungen der Haut und der Kund- und Rachenschleimhaut, der Mandeln und des Zahnfleisches geheilt oder zumindest gebessert werden. Durch Lehmtreten können Durchblutungs-störungen und Veränderungen der Füße (Senk-, Spreiz-, Knickfuß) günstig beeinflußt werden. Kontraindiziert sind solche Anwendungen bei Gefäßverschlußkrankheiten (Thrombose, diabetische Angiopathie u.a.). Gesichtsmasken sind eher von kosmetischem Interesse.
Die heilende Wirkung der Vulkanerde bezieht sich auf Quetschungen, Prellungen, Verrenkungen, Sonnenbrand, Insektenstiche, Hautunreinheiten (Pickel, Mitesser), Mundgeruch, Mundfäule, Zahnfleischentzündung, Zahnfleischblutung, Halsentzündung und Heiserkeit. Allerdings sind offene Wunden kontraindiziert. Man geht davon aus, daß die Vulkanerde nicht nur Toxine und Hauttalg entfernt sondern gleichzeitig eine Versorgung mit Mineralstoffen ermöglicht und dadurch beispielsweise die Haut strafft und dadurch verschönert.
Dem Moor werden auf Grund der Wärmezufuhr und Einwirkung verschiedener Stoffe stärkende, durchblutungsfördernde. entzündungswidrige und nervenberuhigende Eigenschaften zugeschrieben, So können erfolgreich Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Degeneration Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen (Zervikal-, BWS-, Lumbalsyndrom) behandelt werden. Nicht anzuwenden ist Moor bei Gefäß-, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie bei akut entzündlichen Prozessen.
Fango-Packungen lassen die Körpertemperatur ansteigen, was wiederum mit Stoffwechselaktivierung, Entgiftung und verstärkter Durchblutung einhergeht. Die Indikationen gleichen denen der Mooranwendungen. Zusätzlich ist noch chronische Polyarthritis zu nennen. Auch die Kontraindikationen sind ähnlich und können noch ergänzt werden durch bösartige Tumoren.
Ichthyol-Präparate haben eine bakterien- und pilzhemmende, entzündungswidrige, durchblutungsfördernde und juckreizstillende Wirkung, so daß durch sie auch wieder eine beachtliche Zahl von Krankheiten therapiert werden kann. Dazu gehören entzündliche, degenerative und traumatische Gelenkerkrankungen, Venenentzündung, Akne, Abszesse, seborrhoische und abszedierende Hauterscheinungen, Schuppenflechte und Neurodermitis.
Hp. Prof.Dr. H.Dapper
Entnommen den berliner heilpraktiker nachrichten