Wenn die Nase verstopft ist
von Karl-Heinz Claus
Schon Aristoteles hielt das Niesen für etwas "Göttliches". Plutarch behauptete sogar: "Was der Puls für den Körper des Menschen bedeutet, ist für die Seele das Niesen." Und die Liebesgötter sollen - was die schönen Frauen anbetrifft - bei deren Geburt geniest haben.
In dem alten Religionsbuch der Perser, dem Awesta, etwa 500 v. Chr., wird schon geraten, durch Wünsche für die Gesundheit des Niesenden die bösen Geister zu bannen, von ihm fernzuhalten. Also dann: "Gesundheit!".
Bakterien - Ureinwohner der Erde
Schwere Infektionen gibt es schon seit Menschengedenken, ausgelöst von verschiedenen Bakteriengattungen, deren Entwicklung sehr rasch vor sich geht, wenn sie entsprechende Lebensbedingungen vorfinden. Bakterien sollen unter anderem auch die römischen Legionäre des Kaisers Marc Aurel im Jahre 162 n. Chr. nach ihrem glänzenden Sieg gegen die Parther um ihren Ruhm gebracht haben, als plündernde Legionäre das Apollo-Heiligtum in Seleuca, südlich von Bagdad, nach verborgenen Schätzen durchwühlten. Als sie dabei ein Gefäß, das sie auf dem Opfertisch vorfanden - in welchem sie Gold oder Edelsteine vermuteten -, geöffnet hatten, soll sich in Windeseile eine furchtbare Seuche unter den Truppen ausgebreitet haben. Babylonische Priester und Ärzte sollen in dem Opfergefäß das Miasma der verheerenden Ansteckungskrankheit verborgen haben, um so die fremden Eroberer tödlich zu treffen. Damit hätte ein Bakterienkrieg, der in den Erörterungen "Moderne Kriegführung" so breiten Raum einnimmt, schon vor Jahrtausenden stattgefunden.
Schon die Römer benutzten Taschentücher, jedoch nicht nur, wenn sie Schnupfen hatten. Taschentücher wurden im alten Rom kostenlos vor den Zirkusarenen verteilt: Damit wurde entschieden über Sein oder Nichtsein der Gladiatoren. Wenn das Volk die Tücher mit Begeisterung schwenkte, kam der Kämpfer mit dem Leben davon.
Das Schneuztuch war lange Statussymbol weltlicher und kirchlicher Würdenträger. In der strengen spanischen Hofetikette unter Philipp dem II. (1527 - 1598) wurde die Dame beim Tanz von ihrem Kavalier ohne Berührung am Taschentuch geführt. In der Renaissance wurde das Taschentuch zum aufwendigen Ziertuch. Frankreichs "Sonnenkönig" Ludwig XIV. erließ die Verfügung, dass Taschentücher quadratisch zu sein hätten. Erasmus von Rotterdam(1469 - 1536), Humanist und Theologe, bemängelte: "Sich an seine Mütze oder seinen Ärmel zu schneuzen, ist bäuerisch, sich mit der Hand zu schneuzen ist nicht viel gesitteter. Aber die Ausscheidung der Nase mit dem Taschentuch aufzunehmen, ist eine hochanständige Sache". Im Zeitalter des Schnupftabaks wuchsen die Taschentücher auf Kopftuchformat. 1929 meldeten die Papierwerke Nürnberg beim Reichspatentamt Berlin ein Papiertaschentuch aus reinem Zellstoff unter dem Markennamen "Tempo" an. Nicht jeder Schnupfen verläuft harmlos, z.B. bei chronischer Rhinitis. Der Katarrh kann auf die Nebenhöhlen der Nase und auf die Ohrtrompete übergehen (Gefahr der dauernden Schwerhörigkeit!) und infolge Mundatmung zu Bronchitis führen.
Bei der hypertropischen Rhinitis handelt es sich um eine Volumenzunahme der unteren und mittleren Muscheln, auf denen sich nicht selten polypenähnliche Verdickungen entwickeln. Die Muscheln liegen der Nasenscheidewand dicht an, so dass nur ein schmaler Spalt für den Luftdurchtritt bleibt. Oft kommt es zu einer Verengung der Nase. Es leidet nicht nur die Nasenatmung, sondern auch der Geruch, die Sprache (gestopfte Nasenstimme) und die Singstimme. Die Folge sind Reizzustände und Katarrhe des Mundes und des Rachens, des Kehlkopfes und der Bronchien. Die Rhinitis hypertrophica ist ein sehr hartnäckiges und lästiges Leiden.
Die atrophische Rhinitis, verursacht durch schlechte hygienische Verhältnisse oder durch angeborene Weite der Nase, führt im Laufe von Jahren zu einer fortschreitenden Atrophie der Schleimhaut, die meist auch den Rachen und den Kehlkopf erreicht. Die Produktion des normalen Nasensekrets versiegt.
Die Rhinitis sicca ist gekennzeichnet durch Trockenheit und Verkrustung der Nase, Kopfschmerz, Behinderung beim Sprechen. Nach Entfernung der trockenen Borkenauflagerungen kommt es zu leichten Blutungen. Die Trockenheit der Schleimhaut erstreckt sich meist auch über den Rachen bis in den Kehlkopf. Geruchseinschränkung sogar bis zur völligen Aufhebung des Geruchsvermögens. Die Ozaena ist die stärkste Form der Rhinitis sicca, mit stinkenden Sekretborken bei extrem atrophischer Nasenschleimhaut und Muschelgewebsetrophie. Bei Kindern muss bei einseitiger Sekretion aus der Nase an einen Fremdkörper oder eine einseitige Choanalatresie (angeborenen Verschluss der hinteren Öffnungen der Nase zum Rachenraum hin) gedacht werden. Kinder stecken sich gern kleine Fremdkörper in die Nase und Ohren. Da sie dies den Eltern oft nicht erzählen, bleibt der Fremdkörper anfangs unentdeckt, bis die ersten Symptome auftreten.
Wie kommt der Schnupfen in die Ohren ? Dass Viren "eine Etage tiefer" wandern und auch Kehlkopf und Luftröhre anstecken ist verständlich. Zwischen Nase und Rachenraum besteht freier Zugang. Aber zu den Ohren? Tatsächlich gibt es auch eine "durchgehende Verbindung", und zwar in Form der Eustachischen Röhre (genannt nach dem italienischen Anatom Bartolomeo Eustachio, der im 16. Jahrhundert gelebt hat). Dieser Verbindungsgang zwischen Rachenraum und Mittelohr dient der Belüftung des Mittelohres. Bei einer Erkältung kann die Schleimhaut in diesem Bereich anschwellen und die Röhre undurchlässig werden. Ansammelnde Flüssigkeit im Mittelohr reizt das empfindliche Trommelfell; es kommt zum Mittelohrkatarrh.
Das Immunsystem auf Trab bringen!
Ein starkes, aktives Immunsystem ist in der Lage, Viren zu bekämpfen, zu vernichten und die Erkältung gar nicht zum Ausbruch kommen zu lassen:
-mäßig, aber regelmäßig Sport treiben,
-viel Wandern und vor allem auch Radfahren und Schwimmen.
Ausgewogene Bewegung bewirkt eine direkte Vermehrung der Abwehrzellen, stärkt das Immunsystem.
Bäder im heißen Dampf sind schon vor Beginn unserer Zeitrechnung reichlich genutzt worden. Zur Zeit Christi ist damit der Badeort Baiae, an der Küste von Kampanien, berühmt geworden. Dort hatten auch Julius Cäsar und sein Gegenspieler Pompejus komfortable Landhäuser. "Ich habe keine Erkältung, weil ich regelmäßig in die Sauna gehe!". Heute sehen viele darin das Nonplusultra der Abwehrstärkung. Eine Reaktion im Sinne der Abwehrstärkung ist jedoch erst nach wiederholten Saunaanwendungen zu erwarten. Man sagt, regelmäßige Saunabesucher seien weniger grippeanfällig.
Auf die Sauna sollte aber verzichtet werden: bei Venenentzündung, Thrombose, unmittelbar nach operativen Eingriffen und auch bei Herz-Kreislauf-Beschwerden, obwohl das Saunabaden gelegentlich auch als "Kreislauftraining ohne Muskelkraft" bezeichnet wird.
Die Frequenz von Infekten lässt sich auch durch morgendliches kaltes Duschen beachtlich senken. Unterschenkel- und Knieguss (später evtl. auch Brustguss) sind eine gute Maßnahme zur Infektabwehr.
Etwas zeitaufwendiger aber auch effektiv ist das Hausmittel "Kopfdampfbad", die "Schnupfen-Sauna". Schon der Wasserdampf allein wirkt lindernd. Die Wärme regt die Durchblutung der Schleimhäute an und verstärkt dadurch die Körperabwehr. Die Befeuchtung fördert die Ablösung von zähem Sekret, der Stau in den Nebenhöhlen verflüssigt sich.
Mittel gegen Schnupfen gibt es fast so viele wie Schnupfenviren. Die Palette reicht von Tabletten Nasentropfen über Nasensprays bis zu Salben oder Gelen, speziell mit Wirkstoffen und Extrakten aus der schmalblättrigen Kegelblume (Echinacea), den Blättern des Abendländischen Lebensbaumes (Thuja), vom Wasserhanf (Eupatorium). Dazu Homöopathika: Bei reichlich wässrigen Schnupfen: Allium cepa D2. Bei heftigem Jucken in der Nase und erfolglosem Niesreiz: Euphorbium D2. Bei trockenen Borkenauflagerungen, die nicht entfernt werden können: Luffa D4.
Zur Behandlung der Nasennebenhöhlenentzündung eignen sich besonders Extrakte aus der Schlüsselblume, dem schwarzen Holunder und aus Efeublättern sowie Auszüge aus Kamillenblüten, Thymian, Eukalyptusblättern und Fichtennadelöl. Damit wird rasch eine freie Nasenatmung erreicht und lästige Begleiterscheinungen, der andauernde Stirnkopfschmerz und das Engegefühl in der Nase werden behoben, der Schleim lässt sich leichter ablösen, die Übersiedelung des Infektes in die Bronchien wird gemindert und somit einer Bronchitis vorgebeugt.
Da die Nasenatmung besonders nachts kaum möglich ist, treten vor allem bei Rückenlage Mundatmung und Schnarchen auf, Beschwerden, die oftmals behoben werden können, wenn in Seitenlage geschlafen wird. Wenn Sinusitiden immer wieder auftreten und sich nur schwer beheben lassen, sollte ein Kuraufenthalt mit Meerwasser-Inhalationen an der Nordsee in Erwägung gezogen werden. Der Besuch von gechlorten Bädern ist zu meiden. Störende Nasenpolypen sollten operativ behoben werden.
Literatur:
Ausstellung "Menschen, Nasen, Taschentücher": Deutsches Textilmuseum, Krefeld.
Anschrift des Verfassers:
Karl-Heinz Claus
Kirchbachstraße 24
77815 Bühl
Diese Informationen und Veranstaltungshinweise
finden Sie auch in der Zeitschrift Naturheilpraxis des Pflaum-Verlages:
Therapeuten: | Praxis Dr.Hemm |
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