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Tee - Mixtur - Verdünnung
Das Teerezept

von Josef Karl



Der Tee, das Trinken von Tee, das Überbrühen von Arzneipflanzen mit kochendem Wasser (Infus) gehört zu den Ur-Elementen der Arzneitherapie. Der Tee ist etwas Einfaches, alle können ihn herstellen, unkompliziert, auch preiswert, leicht verfügbar, wenn man erst das Kraut, die Pflanze gesammelt hat (was man auch wieder selbst machen kann). Daß der Arzneitee (hier im Unterschied zum sog. Schwarzen Tee als Genußmittel) sich bis heute im High-Tech-Zeitalter gehalten hat, mag auch damit zusammenhängen, daß viele Menschen immer noch selbst etwas machen wollen und nicht nur alles fertig kaufen mögen. Dieses Bedürfnis kann in der Praxis genützt werden!

I.

Es muß - wenn man sich für eine Einzeldroge entscheidet - keineswegs immer nur Kamille (mehr magenbezüglich) oder Pfefferminze (gallewirksam) sein. In Teestuben oder in manchen Cafes wird auch Hagebutten-, Malven- und Eisenkrauttee (Verbene) angeboten. Auge und Gaumen spielen zusammen:
Hagebuttenfrüchte (ohne die haarigen Kerne, die man als Kind als eine Art Juckpulver verwendete!) sehen als Tee ebenso wie die Malven rötlich aus und beide schmecken - mit Zitrone noch verstärkt - säuerlich. Der wohlschmeckende Verbene-Tee wird in Italien und Frankreich sehr viel getrunken; eine Indikation wird man ihm nicht geben können. (In der BRD erhielt Verbena officinalis, das Eisenkraut, wegen fehlendem Wirknachweis eine Null-Monografie. Allerdings ist die mediterrane Pflanze viel aromatischer, sicher auch reicher an ätherischen Ölen, von der Bewertung der E-Kommission nicht betroffen.) Hagebutten haben eine leicht durchspülende Wirkung, wenngleich auch hier eine Bewertung als Arzneipflanze mit positiver Monografie von erwähnter Kommission nicht gegeben wurde. Die Droge Fructus Cynosbati soll jedoch nicht vom Markt verschwinden, weil man ihr bei Arzneitees eine adjuvante Bedeutung als Korrigens hinsichtlich Farbe und Geschmack nicht absprechen wollte!

Soweit zu Beginn jene Tees, die einer großen Verbreitung sich erfreuen und auch in fast allen Hotels am Frühstücksbüffet zu finden sind - neben den obligaten Schwarztees, Thea sinensis, verschiedener Sorten, hauptsächlich aber nicht aus China, sondern aus Indien bzw. Sri Lanka (früher Ceylon) stammend. Hier haben wir die teinhaltigen (coffeinhaltigen) Sorten wie Darjeeling, Ceylon, Assam - um nur die gängigsten hierzulande zu nennen.
Das Teetrinken darf man weltweit als etwas sehen, das bei vielen Völkern aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken ist: in China, Indien, Japan, überhaupt die asiatischen Länder, aber auch England. In Deutschland - vielleicht Ostfriesland ausgenommen - hat sich der anregende Schwarztee nie so recht durchsetzen können; der Kaffee dominiert hier eindeutig in der Statistik. (Eher noch aromatisierte Kompositionen wie der Earl Grey - mit Bergamottöl-, Vanille- oder Jasmingeschmack.)


Ein Phänomen ist seit etwa zwei Jahren der Grüne Tee: Blätter vom Teestrauch (Thea sinensis, botanisch eine Kamelienart), jedoch unfermentiert; tein- bzw. coffeinhaltig wie der fermentierte Schwarztee.
Als Phänomen bezeichne ich ihn deswegen, weil verborgen bleibt, aus welchen Gründen er sich in weiten Kreisen einer so großen Beliebtheit erfreut. Freilich haben die am Verkauf Interessierten eine ganze Palette von Vorzügen anzupreisen - in der E-Kommission nennen wir das "Indikationslyrik" - aber etwas nüchterner betrachtet ist dieser Tee nichts Neues und wo das so ganz Besondere sein soll, ist nicht plausibel - nicht einmal, daß er gut schmecken würde. (Aber mit solchen besonderen Dingen hat es sowieso seine eigene Bewandtnis: sei es der Kombuchapilz als Getränk bereitet, sei es der Lapachotee oder irgendein anderes Wundermittel: im Laufe der Zeit nivelliert es sich wieder - wenn es nicht gar in völlige Vergessenheit versinkt.)


II.

Arzneitee ist meist eine Kombination von Pflanzen. Die Kombination wird zur Komposition, beispielsweise ein gallewirksamer Tee:
Hauptmittel ("Cardinale"): Löwenzahn
Beipflanzen ("Adjuvantien"): Wermut
Faulbaum, Boldo
korrigierende Pflanzen ("Corrigentien"): Pfefferminze

Erläuterung: Das Hauptmittel muß einen unmittelbaren Bezug zur Indikation "gallewirksam" haben; es könnte in diesem Fall auch Wermut oder Pfefferminze sein.
Bei den Adjuvantien soll es sich um Pflanzen handeln, die, wie das Wort es sagt (adjuvare, lat. - helfen), das Hauptmittel unterstützen: das können ein oder zwei Pflanzen der gleichen Wirkrichtung sein - oder besser noch Drogen, die "verwandte" Organsysteme mittherapieren. Im Falle eines Galletees wären es die Leber und der Darm (analog: Magen-Pankreas,
Herz-Gefäße, Niere-Blase usw.), im konkreten Fall als Beispiel Boldoblätter (Leber) und Faulbaumrinde (um der möglichen Obstipation zu begegnen).
Das Korrigentium soll bekanntlich Geschmack, Geruch und Farbe günstig beeinflussen, ein hoher Anspruch, den es kaum erreicht. Außerdem soll es, wenn möglich, zur Indikation in Bezug stehen. Im vorliegenden Fall ist die Pfefferminze geradezu ideal.
Wie geht es weiter? Die Mengen müssen festgelegt werden. Daß man sich am Anfang hier schwer tut, darf nicht entmutigen. Freilich gibt es Faustregeln: Rinden, Wurzeln und Früchte wiegen schwerer als Blätter oder gar Blüten. Die Komposition soll mengenmäßig ausgewogen sein - und nicht zuletzt ist es auch eine Preisfrage, wenn man, um ein extremes Beispiel zu
nennen, von Taubnesselblüten 30 g hineingibt: da sie federleicht sind, ist das eine Menge und der Preis entsprechend! Also: Menge insgesamt und auf die Einzeldrogen überschlagen berechnet. Ferner: wie lange muß der Tee schätzungsweise getrunken werden? Handelt es sich um einen akuten Vorgang, der in drei bis fünf Tagen beendet sein wird? Schreibt man hier 100 g der
Mischung, bleibt vermutlich der größte Teil liegen. Bei chronischen Krankheiten ist es natürlich umgekehrt mit 50 oder 70 g braucht man kaum anzufangen, hier dürfen es auch einmal 150 g sein.

Ein weiterer Punkt, vielleicht der schwierigste, ist, den richtigen Drogenteil zu verordnen. Weiß man, welche Pflanze man will (und ist diese hoffentlich auch üblich, im Handel, offiziell!), so ist es nicht beliebig, welcher Teil der Droge zu verschreiben ist. Beispielsweise werde ich von Anfängern häufig gefragt, warum man vom Löwenzahn nicht auch die Blüte nimmt (die bekanntlich bei den Bach-Blüten eine Rolle spielt), springt sie doch von der ganzen Pflanze am meisten ins Auge und die Vorstellung, daß in ihr "das Beste" vereint sein müsse, liegt ja auch nahe.

Jedoch das, was man vom Löwenzahn pharmazeutisch-pharmakologisch möchte, die Bitterstoffe, sind konzentriert in Wurzel und Kraut - folglich: Radix cum Herba Taraxaci. (Sammelt man für sich selbst, kann man die Blüten dazunehmen: sie sind an Flavonen und Flavonoiden, Gelbfarbstoffen, sicher reich.)
Beim Wermut ist es das Kraut, beim Faulbaum die Rinde, bei Boldo und Pfefferminze das Blatt. Man muß sich wirklich vergegenwärtigen, daß die Apotheke nichts anderes hat, man sich daran halten muß.
Ein weiterer Punkt: soll das Rezept in deutsch oder lateinisch abgefaßt werden? Einfache Antwort: wie man will. Nur: es soll korrekt sein - wenn man schon vom Rezept als einer Visitenkarte spricht, die man abgibt.

Beispiel:
Rp. Löwenzahnwurzel mit Kraut 30 g
Wermutkraut 10 g
Faulbaumrinde 20 g
Boldoblätter 20 g
Pfefferminzblätter 20 g

analog:
Rad. c. Hb. Tarax/aci 30. 0
Hb. Absinth/ii 10.0
Cort. Frangul/ae 20.0
Fol. Boldo
Fol. Menth/ae pip. aa 20.0

Jeder weiß um die Vertracktheit des Genitivs, des 2. Falls im Lateinischen, in welchem nach dem Rp. (rezipe!) geschrieben wird: häufig kann man sich durch geschicktes Abkürzen entziehen - ich habe es am Beispiel durch eine senkrechten Strich versucht.

Wenn es einem wichtig ist, die "Visitenkarte Rezept" in der Apotheke so erscheinen zu lassen, daß es seine Ordnung hat, braucht das Teerezept eine abschließende Anweisung:
Mischen. 1 Eßl. auf 2 Tassen Wasser Infus. Früh u. abends 1 Tasse nach dem Essen ungesüßt.
Die lateinische Formel würde lauten: M.D.S. (misce - da - signe: mischen - abgeben - signieren). Wobei ich meine, daß der Imperativ da (von: dare = geben) entfallen kann, das ist selbstverständlich. Also kann man es bei M. und S. belassen.

Da die Anweisung für die Apotheke bestimmt ist und nicht direkt für den Patienten, d.h. das Apothekenpersonal es im verständlichen Deutsch etikettieren soll, müßte das Wort Infus, das nicht jeder Patient kennt, übersetzt lauten: mit kochendem Wasser überbrühen.

Ich befürchte, daß die geneigten Leser jetzt langsam an Worte wie "pingelig", "langatmig" oder "umständlich" denken. Man unterstelle jedoch, daß ich aus langer und umfangreicher Praxis die Lästigkeit von Ungenauigkeiten nur zu deutlich kenne. Läßt man beim Rezeptschreiben Unklarheiten zu, ruft der Patient oder die Apotheke an - und wem ist nicht jedes unnötige Telefon in der Praxis eine Last?


Aus diesem Grund ist es auch schwierig geworden, das sehr bequeme und hundert Jahre völlig klare a.c. und p.c. (ante cenam und post cenam - vor bzw. nach dem Essen) zu verwenden. Es macht das Rezeptschreiben viel einfacher, wenn man diese Abkürzung benützt, anstatt es deutsch auszuschreiben. Jedoch fällt seit einiger Zeit auf, daß Apotheken ihrer Pflicht, es verdeutscht auf das Etikett zu schreiben, nicht immer nachkommen - ja, manche Helferinnen oder Helfer diese alten praktischen Formeln gar nicht mehr kennen.

III.

Einige Tee-Rezepte, die sich lange bewährt haben:

1. Dyspepsie, Blähungen:
Rp. Rad. Taraxaci c. Hb.
Rad. Cichorii aa 10.0
Hb. Absinthii 10.0
Fruct. Carvi 30.0
Fruct. Anisi 30.0
Fol. Menthae crispae (Krausenminze) 10.0
M.D.S.: 1 Teelöffel kurzer Dekokt (1/2 Min.)

morgens und abends 1 Tasse (evtl. mit 1 Eßlöffel Milchzucker - Stabilisierung der Darmflora); Milchzucker von Heirler aus dem Reformhaus oder Edelweißmilchzucker 500 g; 2 x 1 Eßlöffel auf vorherigen Tee oder Kamillentee.

2. Durchspülung Niere-Blase:
Rp. Hb Solidaginis
Hb. Equiseti
Fol. Betulae
Fruct. Cynosbati aa ad 100.0
M.D.S. 1 Eßl. /2 Tassen Infus - mehrere Tassen täglich.

3. Adjuvant bei Cystitis, Urethritis:
Rp. Lig. Santali albi 20.0
Fol. Uvae ursi 30.0
Fruct. Cubebae 10.0
Hb. Equiseti 30.0
Fruct. Cynosbati 30.0
M.D.S.: 1 Eßl. kurzer Dekokt, 2 - 3 Tassen tgl. p.c.

4. Nervöse Herzbeschwerden, unterstützend:
Rp. Fol. Melissae 20.0
Fol. et Fruct. Crataegi 40.0
Hb. Leonuri 20.0
Rad. Valerianae 20.0
M.f.spec. D.S.: 1 - 2 Teel./Infus

5. Bronchitis:
Rp. Rad. Althaeae 15.0
Fol. Farfarae 10.0
Flor. Tiliae 15.0
Lich. Islandici 10.0
Fruct. Anisi
Fruct. Foeniculi aa 20.0
M.D.S.: 2 Teel. kombiniertes Verfahren, 3 - 4 Tassen tgl. mit Honig oder Kandiszucker

6."Standardmischung Brusttee"
10 Teile Anis
10 Teile Süßholzwurzel
20 Teile Isländisches Moos
30 Teile Eibischwurzel
30 Teile Huflattichblätter,
Mischen: 1 Eßl. auf 1 große Tasse mit kochendem Wasser übergießen;
10 Min. ziehen lassen; früh und abends 1 Tasse

7. Inhalationstee nach HNO-Arzt Dr. Kumpf:
Rp. Strob. Lupuli
Herb. Thymi
Herb. Absinthii
Flor. Lavandulae
Fol. Rosmarini aa ad 100.0
M.f.spec.
"zur Inhalation" 2 Eßl. auf 3 Liter kochendes Wasser 5 - 10 Min. inhalieren
(bei Nasen-Nebenhöhlen-Affektionen)

8. Tee zur Schlaferleichterung:
Rp. Rad. Valerianae 50.0
Strob. Lupuli 15.0
Fol. Melissae
Fruct. et Fol. Crataegi aa 20.0
Cort. Aurantii ad 150.0
M.S.: 1 knapper Eßl. Infus auf 1 größere Tasse Wasser - evtl. mit Honig
süßen.

9. Belebende Nervinum-Mischung:
Rp. Hb. Hyperici 40.0
Cort. Cinnamomi
Fol. Rosmarini
Flor Lavandulae aa 10.0
Rad. Zingiberis 30.0
M.S.: 1 Teel. Infus - vorm. und nachm. 1 Tasse mit Honig gesüßt

10. Tee bei rheumatischen Erkrankungen:
Rp. Rhiz. Caricis
Rhiz. Graminis
Flor. Spiraeae
Stip. Dulcamarae aa 20.0
Fruct. Juniperi 10.0
Fruct. Cynosbati ad 100.0
M.D.S.: 1 Eßl. kurz aufkochen auf 2 Tassen

Dies kann nur eine kleine Auswahl sein, als Anreiz zu eigenem Rezept.

Nicht immer wird man die Geduld, Zeit und auch Einfälle für eine eigene persönliche Mischung haben. Dafür gibt es von pharmazeutischen Firmen gute Fertigtees. Ich kann auch hier nur nennen, was ich kenne - mit keinem Anspruch auf Vollständigkeit: man erkundige sich nach den Teeprogrammen von Infirmarius-Rovit; Truw, Sabona, Weber & Weber, Gernerpharma, Salus, Stada.



Literatur:

Karl, J.: "Therapiekonzepte für die Naturheilpraxis", R. Pflaum, München
1995

Lindemann, G.: "Teerezepte", Foitzick-Verlag, München 1994

Weiss, R.F.: "Lehrbuch für Phytotherapie", Hippokrates-Verlag, Stuttgart,
8. Auflage 1996

Anschrift des Verfassers:
Josef Karl
Heilpraktiker
Siegfriedstr. 10
80803 München


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