Vielleicht könnte dieser Beitrag für Sie auch interessant sein:
Die Nachtkerze und ihre Heilwirkung
Die Bedeutung der Nachtkerze als Heilpflanze war lange Zeit gering. Nur in der Volksmedizin wurde sie verwendet. In den letzten Jahren erforschte man die medizinischen Einsatzmöglichkeiten des Samenöls. Dieser Beitrag soll die Pflanze vorstellen und deren Verwendung.
Der wissenschaftliche Name der Nachtkerze ist Oenothera biennis. Dabei handelt es sich um ein Aggregat mit etlichen Arten, Unterarten und Varietäten. Die Sippe gehört zur Familie der Oenotheraceae oder Onagraceae, in die auch beispielsweise die Fuchsie oder das Weidenröschen zu stellen sind.
Die Heimat aller Oenothera biennis - Sippen ist der nordamerikanische Raum. Das Verbreitungsgebiet reicht von Kanada bis New Mexico. Dort wachsen sie in Prärien, auf alten Feldern und an Straßenrändern. Sie wurden erstmals 1612 nach Europa gebracht und sind seit Anfang des 1 8.Jahrhunderts eingebürgert. Ursprünglich wurden sie als Schmuckpflanzen in Gärten und Parks kultiviert. Dann verwilderten sie auch und siedelten sich zunächst in der Umgebung an. Heute kommen sie verstreut in ganz Europa vor und fehlen nur in höheren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen. Alle Sippen zählen zu den neophytischen Ruderalpflanzen, die + trockene, nährstoffreiche Standorte besiedeln. So gedeihen sie z.B. ge-meinsam mit Natternkopf und Steinklee oder Eselsdistel, Hundszunge, Pastinak , Reseda und Wermut auf Schuttplätzen, an Eisenbahndämmen, Böschungen, in Hafenanlagen und Steinbrüchen oder bilden mit Wasserdost und Distelarten Bestände auf Kiesbänken in Flüssen oder sind auf Flugsandfeldern mit verschiedenen trockenresistenten Gräsern vergesellschaftet.
Die Nachtkerze ist eine zweijährige krautige Pflanze. Sie bildet eine spindelförmige, fleischige, rübenartige Wurzel , die bis zu 20 cm lang werden kann und rötlich überlaufen ist. Am Wurzelhals kann sie bis zu 5 cm dick werden. Diese ,,Schinkenwurzel" werden beim Kochen schinkenrot und werden als Gemüse gegessen.
Der Sproß bleibt im ersten Jahr gestaucht, so daß eine dem Boden dicht aufgelegte Blattrosette entsteht. Wenn 20 - 50 Blätter im zweiten Jahr gebildet sind, beginnt der Sproß aufrecht in die Länge zu wachsen und kann bis zu 3 m hoch werden. Er ist einfach oder im oberen Bereich verzweigt, stets dicht beblättert, weiter oben kantig, spärlich mit kurzen Drüsenhaaren und längeren, auf purpurroten Höckern sitzenden Haaren besetzt.
Die Blätter der Blattrosette sind länglich verkehrt-eiförmig oder elliptisch und verschmälern sich zum Stiel hin. Ihr Rand ist geschweift bis buchtig gezähnt oder fast glatt. Sie enden in einer stumpfen Spitze, sind behaart und zeigen auf der Oberseite häufig rote Punkte. Die wechselständigen Stengelblätter haben eine länglich-lanzettliche Form. Die Spreite läuft in eine Spitze aus. Der Rand ist unregelmäßig feingezähnt. Ihre Behaarung kann als locker bis zerstreut bezeichnet werden. Die Blattoberseite ist hell-grasgrün. Die jungen Blätter können als Salat oder spinatähnliches Gemüse zubereitet werden.
Die im Sommer zwischen Juni und August erscheinenden Blüten sind in traubenförmiger Ähre angeordnet, wobei sich die unteren früher öffnen als die oberen. Die Blüten sitzen einzeln in den Achseln von Deckblättern und werden 2 - 3 cm lang. Die Blütenhülle besteht aus vier lanzettlichen, lang zugespitzten, bleichgrünen Kelchblättern und vier hellgelben , verkehrt-eiförmigen, am Rand gestutzten oder eingekerbten, unregelmäßig gewellten bis gezähnten Kronblättern. Der Fruchtknoten ist unterständig und aus vier zusammengewachsenen Fruchtblättern aufgebaut. Über ihm befindet sich ein mehrere Zentimeter langer, röhrenförmiger Blütenbecher (Hypanthium). Der in der Mitte der Blüte freistehende, auf dem Fruchtknoten sitzende Griffel ist mit einer vierlappigen Narbe ausgestattet. Er ist entweder ebenso lang wie die acht Staubblätter, so daß Selbstbestäubung (-befruchtung) in der noch geschlossenen Blütenknospe möglich ist, oder ist länger und ragt weit über die Staubblätter hinweg, so daß eine Bestäubung durch Insekten gegeben ist.
Abends, wenn sich die Blüte entfaltet (Nachtkerze !) öffnen sich die Staubbeutel, während die Narbe noch geschlossen bleibt. Morgens schließt sich die Blüte, um sich am Abend erneut zu öffnen, mit jetzt verwelkten Staubblättern und geöffneten Narbenlappen. Oenothera biennis ist ein sehr guter Pollenlieferant , spendet aber nur wenig Nektar. Die häufigsten Blütenbesucher am Tage sind vor allem Bienen, Hummeln, Tagfalter und Schwebfliegen, in der Dunkelheit Nachtfalter. Sie werden durch starken Duft und Strichsaftmale, die im UV-Licht von Insekten wahrgenommen werden, angelockt.
Die Frucht ist eine linealisch-längliche, vierkantige, vorn stumpfe, vierfächrige Kapsel, die bis 3 cm lang wird. Sie ist mit filzigen Haaren bedeckt. Die Reife findet zwischen August und Oktober statt. Dann springen die Fächer auf und entlassen pro Fach 200 - 230 Samen , die durch den Wind verbreitet werden. Die 1 ,5 mm langen Samen haben eine unregelmäßige Gestalt, sind scharfkantig und dunkelgrau bis schwarzbraun gefärbt. In Kriegszeiten wurden sie als Kaffee-Ersatz verwendet. Heute geht es um das aus den Samen herauspreßbare Öl, das in der Kosmetik und Medizin Verwendung findet.
Inhaltsstoffe der Samen der Nachtkerze sind Eiweiße, an deren Aufbau Aminosäuren wie Gystein, Methionin, Tryptophan beteiligt sind, Zellulose, Lignin und fettes Öl, das viele essentielle Fettsäuren enthält. Oenothera biennis ist eine der wenigen bisher bekannten Pflanzen, deren Samenöl die dreifach ungesättigte Gamma-Linolensäure besitzen. Diese Fettsäure kann vom menschlichen Körper nicht synthetisiert werden. Außerdem kommen als weitere wichtige Fettsäuren die Linol- und Ölsäure vor.
In Ölpressen werden die Samen zerkleinert und mit oder ohne Wärmezufuhr (Wasserdampf) ausgepreßt. Das geschieht in Schneckenpressen, wo das Öl durch Löcher im Preßzylinder oder durch einen Seiher aus dicht beieinander liegenden Stäben gepreßt wird. Für die Produktion von Lebensmitteln, Arzneimitteln und Ölen ist die Fluidextraktion oder Extraktion mit überkritischen Gasen wie Kohlendioxid ideal. Der überkritische Zustand wird durch Druck und Temperatur erzeugt Das Gas wird dabei verflüssigt und dann als Fluid bezeichnet. Die Löslichkeit der zu ertrahierenden Bestandteile nimmt mit zunehmendem Druck und damit der Lichte des Fluids zu. Die Extraktionsgeschwindigkeit ist von dem zu extrahierenden Stoff, dem Druck und der Temperatur abhängig. Zur Ölgewinnung verwendet man das Verfahren der Abscheidung durch Druckänderung. Im Extraktionsbehälter werden die zerkleinerten Ölsaaten und das Fluid vermengt und mit Hilfe einer Pumpe in den Abscheidebehälter gepumpt. Auf dem Weg dorthin wird der Druck mittels eines Drosselventils auf unterkritische Bedingungen entspannt. Die Dichte und damit die Löslichkeit nehmen ab,und die gelösten Öle fallen aus . Im Abscheidebehälter werden die Öle vom Gas getrennt. Das Gas wird zum Fluid rekomprimiert und wieder in den Kreislauf gebracht. Die Extraktion mit überkritischem Kohlendioxid hat mehrere Vorteile. Zunächst hat es einen hohen Reinheitsgrad, es ist ein preisgünstiges Lösungsmittel, ist chemisch stabil und reagiert nicht mit den zu lösenden Stoffen. Außerdem kann man mit ihm hitzeempfindliche Stoffe bei niedrigen Temperaturen extrahieren, die gleichzeitig vor der Oxidation geschützt werden.
Nachtkerzensamenöl , pharmazeutisch Oenotherae biennis Oleum genannt, kommt als Fertigarzneimittel in Kapselform (0,5 g) in den Handel. Es hat eine goldgelbe Farbe und schmeckt nußartig. Damit es vor Oxidation geschützt ist und länger haltbar ist, wird ihm Vitamin E zugesetzt. Bei kühler und trockener Lagerung sind die Kapseln etwa drei Jahre haltbar.
Das Nachtkerzensamenöl wird bisweilen in der Kosmetik verwendet, denn die in ihm enthaltene Gamma-Linolensäure hat eine positive Auswirkung auf die Haut. Viele Firmen mischen daher neuerdings Öle, die Gamma-Linolensäure enthalten, (neben Nachtkerzensamenöl kann es Öl aus Samen von Borretsch, Schwarzer Johannisbeere und Kokosnuß sein) in ihre Pflegeprodukte.
In der modernen Nedizin nutzt man das Öl zur Linderung von Hauterkrankungen (Neurodermitis), Diabetes mellitus, Arthritis und Prämenstruellem Syndrom. Hyperaktive Kinder sollen damit beruhigt werden. Erhöhter Cholesterinspiegel kann gesenkt werden, ein Schutz vor Herzinfarkt ist gegeben. Die Symptome der Multiplen Sklerose (MS) werden abgeschwächt. Die Behandlung erfolgt oral durch tägliche, über mehrere Monate bestehende Einnahme von Kapseln. Die Wirkungen können erst nach einiger Zeit festgestellt werden, halten aber länger an, so daß die Dosierung dann gesenkt werden kann. Nachtkerzensamenöl-Kapseln gelten nicht als Medikament sondern als diätetisches Lebensmittel. Dies bedeutet, daß die Krankenkassen eine Behandlung mit dem Öl nicht oder nur bedingt bezahlen. Eine Ausnahme bildet die Behandlung der Neurodermitis, da ein Erfolg der Therapie mit Nachtkerzensamenöl wissenschaftlich nachgewiesen ist und außerdem auf andere Medikamente (Antihistaminika, Kortisonpräparate) verzichtet werden kann.
Neurodermitis ist eine Erkrankung der Haut und gehört zum Formenkreis der atopischen Krankheiten. Sie äußert sich durch quälenden Hautausschlag und starken Juckreiz. Die Krankheit ist erblich, zugleich besteht ein Mangel an essentiellen Fettsäuren, der Stoffwechselstörungen verursacht, und eine Immunschwäche der Haut. Auf Grund einer Fehlsteuerung kommt es zu Abwehrmaßnahmen gegen Stoffe, die eigentlich harmlos sind. Das können Pollen, Tierhaare oder Lebensmittel sein. Durch Einnahme von Gamma-Linolensäure-haltigem Nachtkerzensamenöl kann das Hautbild gebessert werden. Die Haut wird geschmeidiger , die Ekzeme gehen zurück. Der Erfolg der Therapie mit Nachtkerzensamenöl ist in mehr als 100 klinischer Tests in 21 Ländern nachgewiesen worden.
Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralen Nervensystems mit Entzündungsherden. Die Krankheit tritt schubweise auf und schreitet langsam voran. Die Ätiologie ist noch unklar. Es gibt Theorien, die von Virusinfektionen über Autoaggressionskrankheit bis zu fetthaltiger Ernährung reichen. Plasma und rote Blutkörperchen von MS-Kranken enthalten nur geringe Mengen ungesättigter Fettsäuren. In klinischen Versuchen wurde nachgewiesen, daß durch langfristige Einnahme von Nachtkerzensamenöl sich nicht nur das Wohlbefinden der Erkrankten besserte sondern auch deren Beweglichkeit, Gehfähigkeit und Sehvermögen, während Zuckungen und Krämpfe weniger häufig auftraten.
Die Hyperaktivität von Kindern äußert sich in einer ständigen Rastlosigkeit, Unruhe und Unkonzentriertheit. Auch diesen Patienten fehlen essentielle Fettsäuren, falls nicht andere Ursachen (Gehirnfunktionsstörung, erbliche Veranlagung) zugrunde liegen. Wie bewiesen werden konnte, verminderte sich die nervöse Unruhe nach Einnahme von Nachtkerzensamenöl.
In den 50er Jahren stellte man im Tierversuch erstmals fest, daß an Diabetes erkrankte Tiere einen höheren Linolensäurebedarf hatten als gesunde. Später, in den 60er Jahren, entdeckte man, daß die Aktivität eines für die Umwandlung der Linolsäure verantwortliches Enzym (Delta-6-Desaturase) beeinträchtigt ist. Die wichtigste Aufgabe der Linolsäure besteht darin, in Gamma-Linolensäure umgewandelt zu werden. Wenn aber die enzymatische Umwandlung gestört ist, kann durch Einnahme von Nachtkerzensamenöl der Gehalt an stoffwechseiphysiologisch wichtiger Gamma-Linolensäure erhöht werden.
Das Nachtkerzensamenöl hat auch eine entzündungshemmende Wirkung. So konnte in Tierexperimenten gezeigt werden, daß mit diesem Öl die schmerzhaften Entzündungen der Gelenke, wie sie bei Arthritis typisch sind , unterdrückt werden.
Zum Prämenstruellen Syndrom (PMS) gehören Brustschmerzen, Stoffwechselprobleme, Hormonschwankungen sowie Gereiztheit, Müdigkeit, Unkonzentriertheit und Depressionen. Frauen mit PMS zeigen im Blut ungewöhnliche Fettsäurewerte. So ist zwar die Höhe des Linolsäure-Anteils meistens normal, der Arachidonsäure-Anteil hingegen ist immer erniedrigt. Auch bei dieser Krankheit kann Nachtkerzensamenöl Linderung verschaffen, wie klinische Untersuchungen bestätigten.
Schon 1935 fand man heraus, daß der Anteil essentieller Fettsäuren im Plasma im Verlauf von Virusinfektionen abnimmt. Diese Entdeckung wurde damals nicht weiterverfolgt, bis Wissenschaftler 1988 im Zuge der Virus- und AIDS- Forschung darauf zurückkamen. Untersuchungen des Blutes Viruskranker zeigten stets eine Hemmung der Delta-6-Desaturase und einen allgemeinen Mangel an Fettsäuren. Eine Theorie besagt, daß essentielle Fettsäuren einen antiviralen Effekt dann haben, wenn Viren von einer Lipidhülle eingeschlossen sind. Außerdem sind die Angriffsmöglichkeiten des Interferons abhängig von der Verfügbarkeit von Eicosanid-Vorläufern. Andererseits kann ein Virus dem Körper essentielle Fettsäuren wegnehmen und deren Umwandlung blockieren. Dies würde auch erklären , warum Atopiker , die weniger essentielle Fettsäuren im Blut haben, so ungewöhnlich empfindlich gegenüber viralen Infekten sind. Wenn diese Theorie zuträfe, könnte die Behandlung mit Nachtkerzensamenöl eine Möglichkeit zur Bekämpfung viraler Infekte bieten.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren senken den Cholesterinspiegel im Blut. Nachtkerzensamenöl hat eine besonders günstige Wirkung, zumal bei deren Einnahme auch keine Diät eingehalten und der Konsum tierischer Fette nicht eingeschränkt werden muß.
Bei Alkoholentzug eingesetzt, mindert Nachtkerzensamendl die Entzugserscheinungen, die sonst auftreten, und bringt die Leberwerte schneller auf ihren Normalwert.
Der Einsatz von Nachtkerzensamenöl hat nur geringe oder keine Nebenwirkungen . Selten kann es zu Verdauungsstörungen, Bauchschmerzen und Durchfall kommen. Außerdem können Übelkeit und Erbrechen auftreten. Auch sind allergische Hautreaktionen beobachtet worden. Doch das dürften Ausnahmen sein, die durch eine langsame Steigerung der Dosis öder durch eine Einnahme nach den Mahlzeiten umgangen werden können.
Eine Toxizität gibt es nicht. In langzeitigen Untersuchungen konnten weder giftige noch krebserregende Eigenschaften des Öls festgestellt werden.
Oenothera biennis ist aber keine neue Heilpflanze. Im Gegenteil, schon vor 500 Jahren heilten die Algonkin-Indianer in Nordamerika Hautausschläge, indem sie Samen zerstampften und auf die betreffenden Stellen legten. In der deutschen Volksheilkunde werden auch die blühenden Sproßspitzen, die Blätter, Stengel und Wurzeln verwendet. Ein aus den Blättern und Stengeln bereiteter Tee wird als Mittel gegen Erkältungen der oberen Luftwege empfohlen. Er soll schleim- und krampflösend sowie beruhigend wirken und bei Husten, Keuchhusten und Bronchitis helfen. Ihm werden außerdem ein auflösender und blutreinigender Effekt nachgesagt. Ein aus den Blüten gewonnener Sirup lindert Hustenkrämpfe und Asthmaanfälle. Außerdem haben Blatt und Wurzel zusammenziehende und reinigende Eigenschaften. Eine andere Möglichkeit des Einsatzes der Nachtkerze ist im Bereich des Verdauungssystems gegeben. Ein Aufguß aus getrockneten Sproßspitzen (3 g/1OO ml Wasser) hilft bei Durchfall sowie Magen- und Darmkrämpfen. Ist der Aufguß doppelt so stark, wirkt er entzündungshemmend und kann äußerlich zu Waschungen und Kompressen verwendet werden. Selbst ein homöopathisches Mittel gibt es, das als Antidiarrhoeicum genutzt wird. Verwendet wird hier die Essenz der Pflanze nach HAB 34, die Tinktur und die flüssige Verdünnung nach HAB1.
aus: berliner heilpraktiker nachrichten
Karen Grote, Heinrich Dapper
Therapeuten: | Praxis Dr.Hemm |
Praxis A. Noll |