Nicholas Culpeper und die astrologische Heilkräuterkunde
Den englischen Arztbotaniker und Astrologen Nicholas Culpeper (1616 – 1654) hat man nicht ganz zu unrecht den englischen Paracelsus genannt. Gemeinsam mit dem größten deutschen Arzt Paracelsus sind ihm unermüdlicher Fleiß, solide Kenntnis der Heilkunst der Vergangenheit, Einfallsreichtum bei der Entwicklung neuer Heilweisen, leidenschaftliche Teilnahme am politischen Tagesgeschehen, Verfolgung durch die Machthaber, Anecken bei den ärztlichen Funktionären des Establishment, Neid und Intrigen der Kollegen, Dankbarkeit der Patienten, Armut trotz Fleiß und großer Berufserfolge. Arme hat Culpeper stets kostenlos behandelt. Wie Paracelsus hat er viel geschrieben und war schon zu Lebzeiten außerordentlich bekannt. Sein Schaffen war nicht so vielseitig wie das seines deutschen Kollegen, doch wurde er in seinem kurzen Leben der bedeutendste englische Heilkräuterkundige. Culpeper starb 1654 an den Folgen einer Verwundung, die er sich einige Jahre zuvor als Parteigänger Cromwells im Bürgerkrieg zugezogen hatte. In den Lebensjahren, die er sich mit seiner Kunst noch verschaffen konnte, schrieb er sein Hauptwerk, The Herbal. Es erschien erstmals 1652 unter dem Titel The English Physitian.
Culpepers beruflicher Werdegang
Schon als Kind zeigte er großes Interesse an Medizin und Heilpflanzen. Sein Wissen erwarb er sich als Autodidakt durch Studium der antiken Medizintexte und der damals modernen kontinentalen Medizinliteratur. Sein Studium in Cambridge brach er wegen großer Unzufriedenheit mit den dortigen Zuständen ab; er wurde auch nicht als Arzt approbiert. Eine solide Ausbildung zum Apotheker, die er absolvierte, konnte trotz erfolgreicher Prüfung aus politischen Gründen nicht mit der Approbation abgeschlossen werden. Nach seinen intensiven Privatstudien war er den Ärzten seiner Zeit an medizinischen Kenntnisse und als Phytotherapeut weit überlegen. Wesentlich für seinen Lebensweg war 1635 seine Begegnung mit dem bedeutendsten englischen Astrologen der Zeit, William Lilly (1602 – 1681). Nach ihrem ersten Treffen schieden sie als enge Freunde. Lillys Unterricht machte Culpeper zu einem erstklassigen Astromediziner und zum Begründer der Herbalastrologie der Neuzeit. Sich selbst bezeichnete er stets als „Student der Physick (= Medizin) und Astrologie“.
Als nicht approbierter Arzt durfte er in London nicht praktizieren, doch auf dem Land wurde seine Tätigkeit geduldet. Er behandelte bis zu vierzig Patienten am Tag, viele davon wegen ihrer Armut umsonst. Dies war der Grund für die Feindschaft aus Ärztekreisen. Die Feindschaft von Apothekern erwarb er sich durch die Eröffnung einer Kräuterapotheke, in der er Heilkräuter und Arzneizubereitungen konkurrenzlos billig abgab. Mit Anzeigen wegen fehlerhafter Herstellung von Präparaten hatten seine Gegner allerdings keinen rechten Erfolg. In einem Prozeß wegen Hexerei sprach ihn das Gericht frei, und er wurde auch nicht ermordet – wie Paracelsus.
The Herbal, Culpepers Kräuterbuch
The Herbal ist das Hauptwerk des Autors, ein astromedizinisches Lehr- und Nachschlagewerk. Mit diesem englischsprachigen Buch schuf Culpeper für Laien in beschränkten finanziellen Verhältnissen ein verständliches Werk in einfacher Sprache. – Die berühmten Kräuterbücher der Zeit, The Herbal von John Gerard (1597) und Theatrum botanicum von John Parkinson (1640) waren prächtig, kostspielig und zunächst nur in Latein erhältlich. – Culpepers Buch war dagegen einfach aufgemacht und deshalb billig. – Er hat sich wiederholt wie folgt geäußert: „Es sei skandalös, daß gebräuchliche Heilpflanzen von den Ärzten unter lateinischen Namen verschrieben würden und die Apotheken diese Rezepte dann kostspielig ausführten“. Das Anliegen von Culpepers The Herbal ist die Selbstbehandlung durch medizinische Laien und die Selbstanfertigung von pflanzlichen Arzneimitteln. Es ist aus übersichtlichen Pflanzenmonographien aufgebaut nach den Stichworten Pflanzenbeschreibung – Vorkommen – Blütezeit – verwendete Teile – astrologische Zuordnung (Planet, teilweise auch Sternzeichen) – Heileigenschaften – zweckmäßige Form der Zubereitung. Moderne Ausgaben enthalten zum Vergleich auch die uns geläufigen Indikationen als eigenes Stichwort. Alte wie neue Ausgaben enthalten weiter ein klinisches Indikationsverzeichnis. In älteren Ausgaben finden sich noch Ratschläge zum Gebrauch der Indikationstabellen durch Laien, allgemeine Angaben zur Herstellung der Präparate und insbesondere astrologische Tips zu Ernte und Verarbeitung der Heilpflanzen sowie zum Umgang mit dem Geburtshoroskop in der Astromedizin.
Mit The Herbal hatte Culpeper sich Ärzte und Apotheker endgültig zu Feinden gemacht. – Auf der politisch falschen Seite war er außerdem. Die richtige Seite ließ deshalb laufend gehässige Propagandaartikel gegen den ‚unfähigen Scharlatan’ erscheinen. Culpepers Zielgruppe verhielt sich ebenfalls politisch unkorrekt: Der Text verkaufte sich schon zu C.s Lebzeiten wie rasend. The Herbal ist bisher in über 100 Ausgaben erschienen, z.B. unter den Titeln The English Physitian (Erstausgabe), Culpeper’s Herbal, Culpeper’s Complete Herbal, Culpeper’s Colour Herbal. Dieses Buch ist eines der meistgedruckten der Weltliteratur. Es ist anscheinend aber nie ins Deutsche übersetzt worden. Dem Verfasser liegt der Nachdruck einer illustrierten Biedermeierausgabe vor (Culpeper’s Complete Herbal) und ein Exemplar aus der dritten Auflage (1997) einer gut illustrierten Ausgabe von 1983. Beide sind vom Verlag Foulsham, London. Die schöne und übersichtliche Neuausgabe kostet DM 56.-. Die Tradition des wertvollen Billigbuches im Geist des Autors ist also erhalten geblieben. Culpeper’s Herbal wird nach wie vor in allen englischsprachigen Ländern als Standardwerk der Phytotherapie verwendet.
Culpepers Quellen für das im Herbal enthaltene Wissensgut
Culpeper hatte gute Kenntnisse der überlieferten antiken Kräutertexte; er zitiert sie oft. So heißt es in Culpepers Monographie der Betonie: „Nach Antonius Musa, dem Leibarzt des Augustus, schützt Betonie Leber und Leib vor Seuchen und schützt auch vor Zauberei. Es war nicht üblich, daß der Kaiser Narren in seinem Dienst hatte.“ Die zeitgenössische medizinische und phytotherapeutische Literatur vom Kontinent war ihm wohlvertraut, da sie in England in dieser Zeit gern benützt wurde. Eine wesentliche Quelle für ihn war auch die traditionsreiche englische Volksmedizin, die sich deutlich von der des Kontinents unterscheidet. Im Herbal finden sich deshalb verschiedene Pflanzen als Arzneimittel, für die im übrigen Europa keinerlei mündliche oder schriftliche Überlieferung zu finden ist. Letzte, wohl wichtigste Wissensquelle Culpepers war aber wohl seine aus den astrologischen Spezialkenntnissen und seiner Intuition gewachsene persönliche Erfahrung.
Vergleicht man The Herbal mit den zeitgleichen Kräutertexten Englands, so erscheinen einem diese (Gerard, Parkinson) recht altertümlich Culpepers Buch aber relativ modern in Stil und Inhalt. Dies könnte teilweise darauf zurückzuführen sein, daß The Herbal früh starken Einfluß auf spätere Kräuterbücher und ihre Angaben genommen hat; die Kenntnis des Englischen war unter den Gebildeten des Erscheinungsjahrhunderts und später recht verbreitet.
Culpepers astromedizinische Vorstellungen
Culpepers astromedizinische Vorstellungen weichen teilweise erheblich vom astrologischen Weltbild unserer Zeit ab und sind dann nicht ohne weiteres zu verstehen. Nach ihm ist jedes Mittel einem bestimmten Planeten unterstellt und so gut wie immer nur diesem einem. Mit diesem Planeten befindet das Arzneimittel sich in Sympathie. Seine Arzneieigenschaft besteht darin, daß es die guten Eigenschaften des jeweiligen Planeten verkörpert und durch Anwendung bei einer Krankheit, die eben dieser Planet verursacht hat, das schlechte Wirken der Planetenkraft kompensiert. Es kommt durch die Behandlung zu einer Qualitätsverbesserung, nicht nur zu einer Stärkung der Planetenkraft. Dies ist die sympathische Behandlung der Krankheit – Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt oder Gleiches durch Gleiches, wie in der 150 Jahre später von Hahnemann entwickelten Homöopathie.
Allerdings spielen auch quantitative Überlegungen beim sympathischen Heilen eine große Rolle, vergleichbar der Potenzwahl und Gabenhäufigkeit der Homöopathie. Durch zu starke Dosen oder gleichzeitige Verabreichung zu vieler sympathischer Mittel kann es zur Verschlimmerung des Leidens kommen.
Culpeper hat die sympathische Behandlung der Krankheiten bevorzugt, doch finden sich bei ihm auch zahlreiche Ratschläge für antipathisches Heilen.
Die antipathische Behandlung ist die einfachere, aber weniger elegante Therapieform. Behandelt wird in erster Linie ein Zuviel der Planetenkraft, daneben auch ihre weniger gute Qualität. Bei dieser Art der Behandlung ist die Dosierung kein Problem. Hierbei wird z.B. eine Krankheit der Venus mit Marsmitteln behandelt oder eine Krankheit des Mars mit Venusmitteln. So werden mit der marshaften Sarsaparilla Leiden des Mars behandelt, die energischer Ausleitung bedürfen, aber auch die venerischen Krankheiten.
Krankheiten des Saturn kann man antipathisch mit bestimmten Arzneimitteln der Sonne behandeln, so der wertvollen Engelwurz.
Der zu starke und schädliche Mars wird beispielsweise mit reichlich Venusmitteln behandelt.
Vom Standpunkt der Horoskopdarstellung ist es eine Behandlung im 180°C-Winkel, also in Opposition. Eine Krankheit des Sternzeichens Wassermann würde man dann mit Mitteln des Sternzeichens Löwe oder des Herrn des Löwen, der Sonne, behandeln.
Naheliegenderweise eignet sich die antipathische Behandlung mehr für akute Leiden, die sympathische mehr für chronische.
Es ist nicht falsch, eine sympathische und eine antipathische Behandlung eventuell gleichzeitig durchzuführen. Bestimmte Arzneimittel eignen sich gleich gut zur sympathischen wie zur antipathischen Behandlung. Es sind ausnahmslos besonders wirksame Heilmittel (Einige Beispiele dazu folgen im Abschnitt über besonders interessante Heilpflanzen aus The Herbal).
Die astrologische Einordnung der Arzneipflanzen nach Culpeper (Auswahl)
Die überwiegende Mehrheit der Zuordnungen deckt sich mit den Angaben unserer Zeit. Andere Zuordnungen sind recht überraschend. So sind z.B. Augentrost und Mistel zur Sonne gestellt, Bibernelle und Ehrenpreis zum Mond, Dürrwurz zur Venus.
Die Zuordnungen sind nach der Signaturlehre und der Anwendung in der Erfahrungsheilkunde definiert worden. Verständlich ist, wenn die Zuordnung zwischen den zwei Wohltätern Venus und Jupiter oder den zwei Übeltätern Mars und Saturn schwankt, denn das Problem der sympathischen oder antipathischen Wirkung kann zur Verwechslung führen und Mittel, die wir heute den neuen Planeten zuordnen, finden sich unter Sonne, Mond, Saturn. Über sonstige Fälle, bei denen die Übereinstimmung fehlt, sollte man nachdenken.
Summarische Darstellung der Eigenschaften der Mittel je nach Planetenzuordnung (Culpeper)
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Mond kühlend, auflösend, auch festigend; gegen Schwellungen und Blutungen.
- Merkur eröffnend, trocknend, den Geist anregend; gegen Schleim, bei Nervenleiden.
- Venus regenerierend, kühlend, für Wunden, besonders eiternde, für Leiden der Zeugungsorgane; antipathisch gegen hitzige Krankheiten.
- Sonne vitalisierend, erwärmend, trocknend, bei periodischen Leiden, z.B. intermittierendem Fieber; antipathisch bei saturnalen Leiden.
- Mars eröffnend, reinigend, energisch ausleitend; sympathisch bei Rheuma, antipathisch bei Abwehrschwäche, Reaktionsmangel (Lethargie) und bei kalten Leiden.
- Jupiter wohltuend, balsamisch, allgemein regulierend (Comfortativum), bei jeglichem Zuviel oder Zuwenig verwendbar.
- Saturn kräftig kühlend, festigend; gegen unerwünschte Flüsse aller Art, z.B. Blutungen, Ausfluß, Durchfall. Leiden von Skelett und Haut, besonders juckende Hautleiden.
- Zuordnung der Pflanzen-Arzneimittel zu den Planeten
- Die Mittel haben immer auch eine günstige Wirkung auf die Organe, die der jeweilige Planet beherrscht.
- Mond Bibernelle (Pimpinella major), Ehrenpreis (Veronica officinalis), Fetthenne (Sedum telephium), Hundsrose (Rosa canina), Klebkraut (Galium aparine), Lilie (Lilium candidum), Mohn (Papaver somniferum), Seerose (Nymphaea odorata), Vogelmiere (Stellaria media), Weide (Salix spp).
- Merkur Alant (Inula helenium), Andorn (Marrubium album), Baldrian (Valeriana officinalis), Bittersüß (Solanum dulcamara), Bockshornklee (Trigonella foenum graecum), Dill (Anethum graveolens), Dost (Origanum vulgare), Eberraute (Artemisia abrotanum), Fenchel (Foeniculum vulgare), Haarstrang (Peucedanum officinale), Hasel (Corylus avellana), Geißraute (Galega officinalis), Glaskraut (Parietaria officinalis), Knoblauchhederich (Alliaria petiolata), Kümmel (Carum carvi), Lakritze (Glyzyrrhiza glabra), Lavendel (Lavandula angustifolia), Maiglöckchen (Convallaria majalis), Majoran (Origanum majorna), Mandragora (Mandragora officinarum), Petersilie (Petroselinum sativum), Sellerie (Apium graveolens), Stinknessel (Ballota nigra), Weißklee (Trifolium repens).
- Venus Attich (Sambucus ebulus), Beifuß (Artemisia vulgaris), Birke (Betula pendula), Braunelle (Prunella vulgaris), Braunwurz (Scrophularia nodosa), Brombeere (Rubus fruticosus), Diptam (Dictamnus albus), Dürrwurz (Inula conyza), Eibisch (Althaea officinalis), Einbeere (Paris quadrifolia), Eisenkraut (Verbena officinalis), Erle (Alnus glutinosa), Fingerhut (Digitalis purpurea), Frauenmantel (Alchemilla vulgaris), Gänseblümchen (Bellis perennis), Gänsefingerkraut (Potentilla anserina), Salbeiblättriger Gamander (Teucrium scorodonia), Goldrute (Solidago virgaurea), Gundermann (Glechoma hederacea), Günsel (Ajuga reptans), Herzgespann (Leonurus cardiaca), Holunder (Sambucus nigra), Huflattich (Tussilago farfara), Klette (Arctium lappa), Echtes Labkraut (Galium verum), Malve, alle Arten (Malva spp), Pfefferminze (Mentha piperita), Quendel (Thymus serpyllum), Rose (Rosa damascena), Schafgarbe (Achillea millefolium), Schlüsselblume (Primula officinalis), Spitzwegerich (Plantago lanceolata), Storchschnabel (Geranium robertianum), Taubnessel (Lamium album, L. galeobdolon), Thymian (Thymus vulgaris), Veilchen (Viola odorata), Großer Wegerich (Plantago major).
- Sonne Augentrost (Euphrasia rostkoviana), Erzengelwurz (Angelica archangelica), Esche (Fraxinus excelsior), Johanniskraut (Hypericum perforatum), Liebstöckel (Levisticum officinale), Lorbeer (Laurus nobilis), Mistel (Viscum album), Natternkopf (Echium vulgare), Große Pestwurz (Petasites hybridus), Pfingstrose (Paeonia officinalis), Raute (Ruta graveolens), Rosmarin (Rosmarinus officinalis), Safran (Crocus sativus), Schöllkraut (Chelidonium majus), Sonnentau (Drosera rotundifolia), Tausendgüldenkraut (Erythraea centaurium), Tormentill (Potentilla tormentilla), Wacholder (Juniperus communis), Walnuß (Juglans regia).
- Mars Bachbunge (Veronica beccabunga), Basilikum (Ocimum basilicum), Benediktenkraut (Cnicus benedictus), Berberitze (Berberis vulgaris), Brennessel (Urticaria dioica), Eselsdistel (Onopordon acanthium), Estragon (Artemisia dracunculus), Echter Gamander (Teucrium chamaedrys), Haselwurz (Asarum europaeum), Hauhechel (Ononis spinosa), Hopfen (Humulus lupulus), Kiefer (Pinus silvestris), Knoblauch (Allium sativum), Leinkraut (Linaria vulgaris), Mäusedorn (Ruscus aculeatus), Meisterwurz (Peucedanum ostruthium), Sanikel (Sanicula europaea), Sarsaparilla (Smilax aspera), Senf (Sinapis alba), Tabak (Nicotiana tabacum), Waldmeister (Asperula odorata), Wasserpfeffer (Polygonum hydropiper), Weg-Rauke (Sisymbrium officinale), Weißdorn (Crataegus laevigata), Wermut (Artemisia absinthium), Zaunrübe (Bryonia dioica, B. alba), Zwiebel (Allium cepa).
- Jupiter Ampfer, alle Arten (Rumex spp), Betonie (Betonica officinalis), Boretsch (Borago officinalis), Geflügelte Braunwurz (Scrophularia umbrosa), Dachwurz (Sempervivum tectorum), Eiche (Quercus robur), Engelsüß (Polypodium vulgare), Fichte (Picea abies), Hirschzunge (Phyllitis scolopendrium), Jasmin (Jasminum officinale), Linde (Tilia spp), Löffelkraut (Cochlearia officinalis), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Lungenkraut (Pulmonaria officinalis), Mädesüß (Filipendula ulmaria), Melisse (Melissa officinalis), Nelkenwurz (Geum urbanum), Odermennig (Agrimonia eupatoria), Quecke (Agropyron repens), Salbei (Salvia officinalis), Spargel (Asparagus officinalis), Wegwarte (Cichorium intybus), Ysop (Hyssopus officinalis).
- Saturn Beinwell (Symphytum officinale), Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), Efeu (Hedera helix), Erdrauch (Fumaria officinalis), Färberdistel (Carthamus tinctorius), Geißfuß (Aegopodium podagraria), Germer (Veratrum album), Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), Hirtentäschel (Capsella bursa pastoris), Königskerze (Verbascum nigrum), Kreuzdorn (Rhamnus cathartica), Nieswurz (Helleborus niger), Salomonssiegel (Polygonatum spp), Schachtelhalm (Equisetum arvense), Schierling (Conium maculatum), Schlangenknöterich (Polygonum bistorta), Schlehe (Prunus spinosa), Schwarzpappel (Populus nigra), Stechpalme (Ilex aquifolium), Stiefmütterchen (Viola tricolor).
Zuordnung von Arzneimitteln zu Sternzeichen
Diese ist nur bei einer Minderheit von Pflanzen durchgeführt. Die Angabe eines Sternzeichens neben dem Planeten, der das Arzneimittel beherrscht, bedeutet, daß die Arznei vergleichbar der Stellung des Planeten in diesem Zeichen wirkt: Beispiele: (siehe Seite...)
Einige interessante Einzelmittel und Anwendungsbeispiele aus The Herbal
- Augentrost: Gedächtnisschwäche, allgemein Denkschwäche
- Betonie: Die außerordentliche Kraft der Pflanze ist Culpeper bekannt.
- Er gibt als Heilanzeigen an: – Dauerkopfschmerz, Epilepsie, Lähmungen, Sodbrennen, Krämpfe, Gicht, Leberleiden, Milzbeschwerden (immunologischer Aspekt), Dysmenorrhoe, zur Geburtserleichterung.
- Anwendungsformen: – Gern wird eine Zuckerkonserve aus Blüten verwendet. Bei Erschöpfung während einer anstrengenden Reise Betonienpulver mit Honig in Essigwasser einnehmen.
- Brennessel: Energisch eröffnend (Aperiens), Resolvens, gegen das Phlegma (Schleim), besonders der Lunge; harntreibend, gegen alle Schwellungen, auch lokal; Polypen und Wurmleiden der Kinder; gern als Latwerge mit Honig oder Zucker verschrieben; Zubereitung aus Samen bei Vergiftung durch Schierling oder Solanazeen.
- Erzengelwurz: Kann Wunder wirken, wenn zum richtigen Zeitpunkt geerntet. Dieser ist bei Sonne im Löwen, Mond günstig stehend und in günstigem Winkel zur Sonne, Ernte während der Stunde des Mondes oder des Jupiter.
- Universalmittel. Verbessert Visus und Gehör. Alle durch Kälte und/oder Wind verursachten Leiden. Bei allen durch Saturn verursachten Epidemien. Zur Prophylaxe kandierte Stengel oder Wurzeln nüchtern einnehmen (also Immunstimulator). Zuverlässige Wirkung bei intermittierendem Fieber (Malaria). Gegen Tiergifte lokal. Lokal an Wunden starke regenerierende Wirkung. Stockungen / Schwellungen Leber, Milz, Niere. Gicht, Neuralgien. Bei letzteren das destillierte Wasser verwenden.
- Echter Gamander: Eröffnet Leber, Milz, Niere. Gicht, Rheuma, Gliederschmerzen.
- Typisches dem Mars zugeordnetes Aperiens.
- Glaskraut: (Urticaceae). Wahrscheinlich durch die Römer nach Mitteleuropa gekommen.
- Für alle Indikationen der nah verwandten Brennesel, wirkt aber stärker kühlend. Oligurie. Veralteter, trockener Husten, allg. Atemwege. Fördert die Periode. Geschwüre aller Art, Hämorrhoiden und Fisteln lokal. – Zubereitung mit Honig oder Zucker, auch zum Gurgeln. Die Angaben Culpepers lassen darauf schließen, daß die Pflanze bei Aphthen und ähnlichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises eine immunmodulierende Wirkung zeigt. Diese sollte unbedingt untersucht werden, desgleichen die Wirkung der Pflanze bei Mineralstoffwechselstörungen und bei Osteoporose.
- Bei uns im Handel: Herba Parietariae, Parietaria D1 (DHU).
- Gundermann: Starke sympathische Venuswirkung, starke antipathische Wirkung auf Mars. Eröffnend. Alle inneren Wunden. Melancholie, lokal bei Tinnitus und Schwerhörigkeit.
- Echter Haarstrang: Haarstrang war ein Hauptmittel der galenischen Medizin. Wir kennen nur mehr den verwandten Meisterwurz (Peucedanum imperatoria, homöopathischer Name ist Imperatoria ostruthium).
- Bewegend (Merkurmittel); chronische Prozesse der Lunge, Bauchorgane, Probleme mit „Wind im Körper“. Milzschwellung, Dauerkopfschmerz, Tobsucht, Epilepsie. Lokal bei Ohrenschmerzen. Eine Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten in der Psychoneuroimmunologie und in der Geriatrie wäre von großem Interesse. Im Handel als Peucedanum Urtinktur (Staufen).
- Maiglöckchen: Günstige Wirkung auf die Gehirnfunktionen durch Merkurkraft. Wegen seiner Giftigkeit wird das Destillat der Blüten verwendet. Regt „Lebensgeister“ an. Apoplex, Paralyse, Funktionsstörungen am Herz; Schwindel / Epilepsie, alle Arten Krämpfe. Die Validität dieser Angaben sollte nachgeprüft werden.
- Sanikel: „Bestes“ Hals – und Lungenmittel. Stinkende Geschwüre. Leiden des Urogenitalbereichs, Geschlechtskrankheiten.
- Wegerich: (Großer und Spitzwegerich)
- „heilt das Haupt wegen seiner Antipathie zu Mars und Leiden des Intimbewereichs wegen seiner Sympathie zu Venus“. – Funktionsschwäche („Stopping“) von Leber und Niere. „Alle Leiden des Mars werden geheilt“. Gute Wundheilmittel. Blutungen aus inneren Organen. Ohnmacht, Epilepsie.
Galenik und Rezeptur bei Culpeper
Galenik
Als ausgebildetem Apotheker waren Culpeper die Zubereitungsmöglichkeiten seiner Zeit bekannt. Da das Herbal ein Volksbuch ist, werden darin dem Laien mögliche Zubereitungsweisen beschrieben.
Innerliche Anwendungen
– Pulver aus der getrockneten Pflanze einnehmen, vorzugsweise in Wein (resorptionsfördernd)
– Abkochung in Wein einnehmen, also Dekokt ( wird häufig empfohlen)
– Auszug in Wein, also Mazeration; – Beispiel: Klettensamen werden 40 Tage (der philosophische Monat der Alchimisten) in Wein mazeriert. Dies ist eine Arznei für „Ischias“ (= LWS-Syndrom). – Wie am Beispiel erkennbar dient die Mazeration zum Auszug thermolabiler Wirkstoffe.
– Ratschläge zur Herstellung von Tinkturen mit Alkohol fehlen völlig.
– Recht oft werden Auszüge in Essig empfohlen.
– Naturgemäß werden sehr oft Tees verschrieben. Diese sind fast immer Abkochungen, keine Aufgüsse.
– Erstaunlich oft für ein Laienbuch werden Destillate empfohlen, die man durch Abdestillieren von einem Gemisch aus Pflanzenmaterial und Wasser gewinnt. Offensichtlich hat Culpeper seinen Lesern die Fähigkeit zum Destillieren zugetraut. Die Geräte hierzu aus Pewter, einer Zinnlegierung, waren anscheinend weit verbreitet. Es ist erkennbar, daß ihm die vergeistigende und entgiftende Wirkung der Destillation bekannt war. Destillate wurden auch als Klistier und zum Gurgeln angewandt.
– Aus sehr empfindlichen Blüten wurden Zuckerkonserven angefertigt, desgleichen Sirupe aus Pflanzenpreßsaft und Honig oder Zucker.
Ãusserlich angewendete Zubereitungen
– Ölauszug
– Schweineschmalzsalbe– Essigauszug an Reflexzonen. – Beispiel: Essigzubereitung aus Bilsenkraut an Stirn und Schläfen bei Kopfschmerz und hohem Fieber anwenden.
– Destillate wurden sehr viel als Umschläge verwendet.
Rezeptur
The Herbal beschränkt sich weitgehend auf Arzneimittel-Monographien und enthält nur wenige Mischrezepte. Von Paracelsus hat Culpeper das Mißtrauen gegen komplizierte Mischungen übernommen; – die mittelalterliche Medizin verwendete Fertigarzneimittel mit bis zu 250 Bestandteilen (Mithridat). Immerhin hat Paracelsus selbst aber gern den Theriak (45 Bestandteile) verschrieben. Ziel von Culpepers Therapie ist es, falls möglich das Einzelmittel zu finden, das auf dem Weg der Sympathie optimal auf die Krankheit einwirkt, eine Vorahnung der Homöopathie. Was Culpeper von Paracelsus unterscheidet, ist die Überzeugung, daß alchimistische Zubereitungen der Metalle allein nie die Ausheilung der Krankheit erreichen, sondern daß zur Heilung stets Pflanzenpräparate notwendig sind. Culpeper akzeptiert im Gegensatz zu Paracelsus auch die Lehren der galenischen Medizin völlig, insbesondere die Lehre von den Vier Elementen.
Lehrsätze zur Astromedizin
In älteren Ausgaben von The Herbal finden sich die sieben allgemeinen Lehrsätze zur Astromedizin, die von großem praktischen Wert sind. Sie lauten:
1. Stärke den Körper mit Kräutern, die dem Herrscher des Sternzeichens unterstellt sind, in dem sich der Aszendent befindet, gleichgültig, ob der Herrscher ein Wohltäter oder Übeltäter ist. (Beispiel: Aszendent im Stier Venusmittel verwenden.)
2. Die Mittel sollen in einer gewissen Antipathie gegenüber dem Herrscher des sechsten Hauses sein (Beispiel: Ist die Spitze des sechsten Hauses in der Waage, ist Venus dort Herrscher; die dann zu verwendenden Heilmittel sollten einen gewissen Mars-Charakter haben.)
3. Das Heilmittel soll teilweise von der Natur des aufsteigenden Zeichens haben (in etwa identisch mit Abs. 1 – wir haben nicht genug den Sternzeichen zugeordnete Mittel).
4. Ist der Herrscher des zehnten Hauses stark gestellt, sollen seine Heilmittel verwendet werden.
5. Ist dies nicht möglich, verwendet man die Mittel des Lichts der Zeit (das Licht der Zeit bei Tagesgeburt die Sonne, bei Nachtgeburt der Mond).
6. Der erkrankte Körperteil muß mit sympathischen Mitteln behandelt werden (Beispiel: Nierenerkrankung; die Niere ist Venus und Waage unterstellt; man verwendet also ihre Mittel).
7. Sorge immer dafür, daß das Herz in Ordnung ist, denn es ist ja die Sonne, die die Grundlage des Lebens ist; darum heilt der ‚Stein der Weisen’ alle Krankheiten, indem er das Herz stärkt. (Es sind weniger alchimistische Zubereitungen aus Gold gemeint, als vielmehr der Sonne zugeordnete Pflanzen, die im Laufe der Behandlung irgendwann eingesetzt werden müssen.
Antipathische und sympathische Therapie
Zwischen den Planeten herrscht Sympathie oder Antipathie. Die große Heilkraft der Jupitermittel beruht auf der Tendenz Jupiters, mit allen Planeten mehr oder weniger in Sympathie zu sein.
Sonne und Mars sind erhitzend, Mond, Venus und Saturn kühlend. Sonne und Saturn trocken, Mond befeuchtend, Jupiter ist eröffnend und ausgleichend, Merkur bewegend.
Ansipathische Behandlung
Die antipathische Behandlung strebt die Dämpfung eines Zuviel einer Planetenkraft an, sie entspricht der allopathischen Behandlungsweise.
Starke Antipathien zeigen sich zwischen Venus und Mars sowie zwischen Sonne und Saturn. Auf die therapeutische Anwendung dieser Antipathien wurde bereits hingewiesen, desgleichen auf die Bedeutung des antipathischen Heilens bei akuten Krankheiten. Bei antipathischer Behandlung kann man handfest dosieren (außer bei Giftpflanzen).
Sympathische Behandlung
Die sympathische Behandlung wurde von Culpeper, falls durchführbar bevorzugt angewandt. Es handelt sich nicht um die Korrektur eines Zuviel oder Zunig einer Planetenkraft, sondern um die Verbesserung der Qualität des Einflusses des krankmachenden Gestirns. Dieses wird also nie als quantitativ zu schwach gesehen. Sympathische Behandlung ist die Methode der Wahl bei chronischen Krankheiten. Bei der Therapie ist größte Sorgfalt bei der Auswahl der Arzneimittel, der Dosierung und auch der Anwendungsweise nötig. Die Mittel müssen nach Planetenzuordnung und klinischen Eigenschaften ausgewählt werden, also wird nicht eine Krankheit des Saturn mit beliebigen Saturnmitteln behandelt. Kombinationen der Mittel des Hauptplaneten mit Mitteln befreundeter Planeten sind zulässig (z.B. Saturn – kühlend, festigend + Mond – kühlend, festigend + Venus – kühlend). Uralt ist in der Heilkunst die Anwendung kleiner und kleinster Dosen. Daß Gift in winzigen Dosen heilsam ist, gehört wohl zu den ältesten heilkundlichen Erkenntnissen der Menschheit. Auch ungiftige Arzneien können in kleinen Dosen eine erstaunliche Wirkungsveränderung zeigen. Bekannt ist die erfrischende Wirkung von 1 – 2 Tropfen Baldriantinktur. Viele scheinbar stoffliche Wirkungen der Arznei sind in Wirklichkeit geistiger Natur.
Bei der sympathischen Behandlung, besonders mit Mitteln der schwierigen Planeten Mars und Saturn, muß behutsam dosiert werden, um das Leiden nicht zu verschlimmern. Die Arznei darf nicht zu oft verabreicht werden und nicht zu viele sympathische Mittel in Mischung. Hieraus ergibt sich die Tendenz Culpepers zu Einzelmitteln. Zur Abschwächung (= Vergeistigung) der Arznei stehen, wie oben beschrieben, weitere Methoden zur Verfügung: Die Verwendung des Destillats, nicht nur von Giftpflanzen, oder die äußerliche Anwendung. The Herbal zeigt auch, wie man ein Leiden astromedizinisch behandeln kann, ohne daß das Horoskop des Kranken vorliegt. Aus den Symptomen der Krankheit (Körperteil, Organ, auftretende Symptome) läßt sich eine Zuordnung des Leidens nach Planet und Sternzeichen entnehmen. Danach kann antipathisch und/oder sympathisch behandelt werden.
350 Jahre nach der Erstausgabe von Culpepers Herbal
Vermutlich hat dieses Buch mit seinem anhaltenden Erfolg die abendländische Kräuterheilkunde stärker geprägt als uns bewußt ist. Es war dem Verfasser ein Anliegen, zu zeigen welche weiteren Schätze in den Werken eines so genialen Mannes noch zu finden sind.
Wie Paracelsus ist uns Culpeper Lehrer und Vorbild.
Literatur:
Olav Thulesius,
Nicholas Culpeper, English Physician and Astrologer
St. Martin’s Press N.Y., 1992
Culpeper’s Complete Herbal
W. Foulsham London, o.J.,Nachdruck einer Ausgabe vom Anfang des 19. Jh.
Culpeper’s Colour Herbal
Ed. David Potterton, Foulsham London, 1983, 3. Ed. 1997
Dr. rer. nat. Max Amann
Viktor-Scheffel-Str. 13
80803 München
Diese Informationen und Veranstaltungshinweise
finden Sie auch in der Zeitschrift Naturheilpraxis des Pflaum-Verlages: