BODY-MIND CENTERING (BMC)(r)
über den Körper zur Ganzheit gelangen
Body-Mind Centering ist eine relativ junge Methode . Sie wurde in den letzten 30 Jahren von der Bewegungsforscherin Bonnie Bainbridge-Cohen gemeinsam mit ihrem Mann Len Cohen, und einer kleinen Gruppe enger Mitarbeiter entwickelt. Seit den frühen 80er Jahren gibt es Ausbildungen in BMC, und Zertifikationen für Practitioner und Teacher wurden eingeführt. Die Schule liegt in Amherst, Massachussetts, an der Ostküste der USA. Erstmals gibt es seit zwei Jahren Ausbildungen an anderen Orten, in Berkeley und in Amsterdam.
Mrs Cohen begann ihren Weg als Ergotherapeutin
und hatte in der Arbeit mit schwerbehinderten Kindern erstaunliche
Erfolge. Im Grunde ist aus der Aufforderung ihres Professors, herauszufinden
was sie so erfolgreich mache, BMC entstanden. In die sich immer weiter
entwickelnde Arbeit , sind Bewegungstherapie, Tanztherapie, Kraniosakralarbeit,
Bobath, Laban, Meditation, Katsugen Endo, Yoga,
Selbstverteidigungsschulen, Stimmerziehung und andere, mit eingeflossen.
In Berlin ist BMC schon lange präsent. Die Tanzfabrik wurde von dem Contact-Improvisations Lehrer Bob Rease bereits 1982 inspiriert, führende LehrerInnnen der Methode einzuladen. Seitdem gibt es dieses Angebot dort als fortlaufende Kurse und als Teil der Intensiv- Wochen.
Diese Beziehung rührt vor allem daher, daß viele der ersten SchülerInnen des BMCTänzer waren, die mit den Gegebenheiten des Tanzes nicht zufriedenwaren, und sich nach der Bedeutung und Tiefe von Bewegung mit derentstehenden BMC-Arbeit auf die Suche machten. Seit Mitte der 80er werden auch längere Fortbildungen in Berlin angeboten, zunächst durch Linda Hartley, und seit 1991 durch mich.
BMC ist ein erfahrungsbetontes Studium, das auf anatomischen, physiologischen,
psychologischen und entwicklungsgeschichtlichen Prinzipien basiert. Es gibt
in der Arbeit zwei Hauptgrundlagen: erstens,die Auseinandersetzung mit der
Bewegungsentwicklung des Kleinkindes. Dieser Prozess, den jeder Mensch als
Baby durchläuft, zeigt große Ähnlichkeit zur evolutionären Entwicklung im
Tierreich.
Wir erleben dabei in uns selbst die vererbten Reflexe und Haltungsreaktionen,
die gemeinsam mit den neuromuskulären Bewegungsmustern, einen Grundplan
nicht nur für die Entwicklung unserer Bewegung, sondern daraus entstehend,
auch für unsere emotionale, mentale und kreative Orientierung in und
mit der Umgebung, ausmachen. Mit dem "Developmental Movement"
wurde eine fundierte, bei kranken wie gesunden Menschen jeden Alters anwendbare
Technik des Erkennens von Bewegungs- und
Entwicklungsschwierigkeiten geschaffen, die es ermöglicht Lücken im Bewegungsprozess
zu schließen und mit ihren Auswirkungen durch gezielte Übungen umzugehen.
Der zweite Aspekt ist das Studium der Körpersysteme. Im Detail werden
die eigenen Knochen, Organe, Muskeln, Nerven, Drüsen, Sinne und die Stimme
behandelt. Für jedes Gewebesystem wurden Prinzipien ihrer Funktionen und
des Bezugs zu anderen Systemen gefunden, die sie aus den Anatomiebüchern
in unser eigenes Empfinden bringen. In jedem Körpersystem finden wir
jeweils assoziierte geistige oder
"Mind"-Aspekte der Persönlichkeit , die sich deutlich von denen
jedes anderen Systems unterscheiden. Z.B. findet man in den Organen Tiefe
der Emotionen, unser Inneres, unsere Art Eindrücke aufzunehmen und zu verarbeiten;
im Skellett außer der Stützfunktion, Winkel und Hebelmöglichkeiten, Linien
entlang derer sich das Denken orientieren kann; in den Flüssigkeiten die
Beweglichkeit zwischen Standpunkten,
Balance zwischen Rythmen von Aufgeregtheit und Ruhe.
Daß das Erleben des eigenen Körpers dem Betreten eines Mikrokosmos im Makrokosmos gleicht, ist eine sehr alte Feststellung. In BMC wird dies besonders deutlich wenn wir uns in der Erfahrung auf die feinsten Ebenen begeben. Die letzte Entwicklung dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Verkörpern auf subzellulärer Ebene, d.h. Strukturen wie Zellmembran, Golgiapparat, Mitochondrien, Zellkern, DNS etc. werden "bereist". Dies ermöglicht uns Zugang zu den kleinsten Bausteinen und Organisationssystemen unseres Wesens.
Die Anlehnung der Arbeit an die Anatomie und Physiologie befähigen uns mit der sonst der Schulmedizin und Wissenschaft vorbehaltenen Sprache umzugehen. Somit wird ein ausdrücklich erwünschter Dialog mit diesen anerkannten Wegen möglich. Die Mediziner, Physio- oder Psychotherapeuten, die den Weg zu BMC finden, sind zumeist begeistert von der Möglichkeit das trockene Material ihres Studiums lebendig und aktiv erleben zu können.
Ein Leitsatz in BMC: von jeder Zelle des Körpers kann Bewegung initiiert werden. Je lebendiger die Zellen, umso aktiver das Gewebe und damit der Organismus, die Begegnungen, die Gemeinschaft, die globalen , die kosmischen Beziehungen. So wird in BMC von den feinsten inneren bis zu den größten äusseren Ebenen, das Kontinuum von Bewegung erforscht.
Über den Körper an der Ganzheit des Menschen zu arbeiten fasziniert mich
schon mein ganzes Leben lang. Die Voraussetzungen unserer Körper, unseres
zu-Hauses, sind verblüffend ähnlich.Die kleinste funktionale Einheit des
Lebens, die Zelle, bildet unser aller zu Hause. Dieser Körper ist
so sehr auf die Beziehung zur Umgebung
angewiesen, bildet sich durch sie und an ihr - die Schwerkraft, die Berührung,
die Bewegung, die Sinneswahrnehmung, die Ernährung - keiner dieser grundlegenden
Bereiche, die unsere Lebensqualität nicht nur beeinflussen sondern ausmachen,
würde ohne Bezug existieren. Bezug zum Boden, zur Erde, zu den Mitmenschen,
zur stimulierenden Bewegtheit unserer Umwelt, zur Nahrung, die aus der Umwelt
wächst, etc.etc.. Und - trotz der Gleichheit im Aufbau, sind wir so verschieden,
nehmen wir so unterschiedlich wahr und drücken wir uns Jeder so einmalig
aus. Die direkte körperliche Zugehörigkeit zur Umgebung zu erleben, schliesst
Achtung und Respekt der Umwelt automatisch mit ein.
Der Wichtigkeit von Bewegung wird in unserer Kultur
nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet. - In der Erforschung des Nervensystems
hat sich gezeigt, daß der Vestibulärnerv der erste Nerv ist, der früh während
der Schwangerschaft, myelenisiert. Er nimmt Bewegung wahr. Das Studium
der Myelenisierung, die Bildung
einer Art Umhüllung der Nervenzellen, welche schnellere Impulsleitung zulässt,
erlaubt Prioritäten in der Entwicklung zu bestimmen. Die Stimulierung und
Wahrnehmung von Bewegung muss zuerst erfolgen, bevor Bewegung ausgeführt
werden kann. Das Nervensystem kann nur Bewegungen ausführen, die es vorher
erlebt hat. Unser Körper, seine Zellen, können Bewegungen ausführen. Diese
werden im Nervensystem gespeichert und erst dann ist diese Bewegung abrufbar,
willentlich ausführbar. Wer von uns begibt sich als Erwachsener noch auf
diese heilsame Ebene des Leben-Erlaubens, des Lernens durch Bewegung? Auf
jeder Ebene des Kontinuums von Zellen, zu Geweben, bis zur Großhirnrinde,
kann Bewegung durch Gewohnheit und Konditionierung, eingeschränkt sein.
Auf jeder Ebene drückt sich Unbeweglichkeit anders aus. Zum Glück kann auch
auf jeder dieser Ebenen Beweglichkeit wiederhergestellt werden, oder besser
- wiederentdeckt werden.
In der Arbeit werden Anatomieveranschauungen benutzt,
um sich ein Bild der inneren Strukturen zu machen. Diese werden mit geleiteten
"Reisen" aufgesucht. Es werden Bewegungsanleitungen und -techniken
benutzt, um zwischen allen Schichten zu differenzieren. In BMC wird gelernt
an allen Geweben des Körpers mit
den Händen zu arbeiten. Das schließt Nerven, Drüsen und Organe mit ein.
Die sehr differenzierte Hands-On Arbeit hilft beim Prozess der Verkörperung.
Sie wirkt auf Inbalancen - wie im autonomen Nervensystem, oder zwischen
den endokrinen Drüsen (deren Positionen im Körper fast identisch mit denen
der Chakren in östlichen
Systemen liegen), oder im Flüssigkeiten-System.
Das System wird zur Zeit in vieler Art angewandt. Es wird bei allen Ebenen von Entwicklungsstörungen benutzt, von kleinen Abweichungen bis zu schweren Cerebralparesen. In der Psychotherapie, in der Physiotherapie, in der Ergotherapie. Im Tanz und Schauspiel als System der Bewegungsanalyse, der Verletzungsprophylaxe und als Erweiterung des Bewegungsrepertoires. In anderen künstlerischen Formen wie Malerei oder Bildhauerei. Von Athleten. Und sicher wesentlich ist die Geburtsvorbereitung und -nachsorge. Für werdende oder junge Eltern bietet das Wissen um die Bewegungsentwicklung vieles. Eine Hauptanwendung ist die Bewusstseinserweiterung, das Entwickeln von Wohl-Sein und besserem Sich-Selbst-Kennens und -Verstehens.
Jens Johannsen
Ich bin 1989, nach 4
Jahren USA-Aufenthalt zum BMC-Studium, nach Deutschland zurückgekehrt und
lebe und arbeite seitdem in Berlin. Seit 1978 habe ich mit vielen
Lehrern in Tanz, Theater, Therapie, Stimme gearbeitet. Unter anderem mit
Theater-Therapie-Ritual (Matt Mitler), Grotowsky-Körpertheater, Contact-Improvisation
(Bob Rease u.a.), afrikanischer Tanz (Aja Addy), Moderner und Postmoderner
Tanz (versch.). Meine Suche wurde begleitet von langjährigem Studium
und Meditationspraxis bei Lama Chime Rinpoche. Gestalt-
Therapie und andere therapeutische Methoden habe ich in Prozess und Supervision
immer wieder benutzt. Amertha-Movement(Suprapto Suryodharmo) und Authentic
Movement schätze ich seit Jahren als Wege der Bewegungserkundung. Kraniosakraltherapie, die ich beim Upledger Institute erlernte, ist für
mich eine wichtige Ergänzung der vielschichtigen BMC-Berührungsarbeit. Ich
unterrichte seit 1982 Gruppen. BMC seit 1989 an vielen Orten Europas
und in den USA. In Berlin arbeite ich mit Gruppen und in Einzelarbeit(Arbeit
mit Säuglingen, Bewegungs- und Haltungsdefizite jeder Art, Inbalancen zwischen
Körper und Geist, zur Lösung von
Verspannungen und zum Vitalisieren aus dem eigenen Körper). Ich bin als
Ausbilder an C-Trainingsprogrammen in Massachusetts und in Amsterdam
beteiligt.
Die Verbreitung und
die Umsetzung der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von BMC stehen erst
am Anfang. Ich, wie viele andere Lehrer und Practitioner dieser Methode,
sind neben den Ausbildungen und Fortbildungen, damit beschäftigt, immer
wieder Einführungen, Erklärungen, Vorträge zu geben, um diese wunderbare
Arbeit bekannt zu machen.
(c) 1997 Jens
Johannsen
Entnommen den berliner heilpraktiker nachrichten