Nei Jing Tu „Die Tafel des Inneren Gewebes"
...Die Entfaltung des Menschen zu einem solchen Typus setzt nach herrschender taoistischer Auffassung die Aufrufung seiner tiefsten Kräfte und die Verwandlung des gesamten Menschen, Leib und Seele, voraus. Es geht hier also nicht nur um Geistiges, sondern der Leib wird mit einbezogen. Er gerade soll nämlich die vitale Kraft hergeben, durch deren Sublimation der geistige, unsterbliche Mensch erst geschaffen und geboren wird. Damit betreten wir aber das Gebiet der P h y s i o l o g i e, das Fachgebiet der Ärzte. In der Tat ist die Meditationstechnik und das Meditationsbild, das wir hier erklären wollen, ohne gewisse m e d i z i n i s c h e A n s c h a u u n g e n der Chinesen unverständlich.
Wir müssen daher hier wenigstens fünf Anschauungen herausheben und ihre kurze Erklärung vorwegschicken, ohne selbstverständlich vom Standpunkt unserer ärztlichen Wissenschaft zu diesen Annahmen über die Chemie oder richtiger Alchemie des Leibes (aber auch des Geistes) kritisch Stellung nehmen zu können. Wir haben hier lediglich das Vorhandensein bestimmter medizinischer Lehren der Chinesen in der taoistischen Meditationstechnik festzustellen und ihrer mehr oder minder großen Bedeutung für die Meditation Rechnung zu tragen. Diese fünf Anschauungen, die wir hier kurz aufzählen müssen, erstrecken sich auf folgende Gebiete:
1. die drei Flüsse
2. die Hauptpulse
3. die Sublimation
4. die archaische Anatomie einzelner Organe und
5. die kosmische Analogie.
1. Was nun die d r e i F l ü s s e (San Ho) oder die drei Humores anlangt, die den Menschen durchströmen, so sind dies der Genius (Schen), der Odem (Ki) und die Keime (Dsing). Mit einiger Freiheit könnte man das Gemeinte nennen: Geisteskraft, Lebenskraft und Zeugungs- oder Unsterblichkeitskraft. 9 Alle drei müssen meditativ geregelt werden, und zwar zunächst der Strom des Odems, dann wird der Strom der Keime einbezogen, und zum Schluss wird der Strom des Geistes reguliert. Diese Regulierung hat die Lenkung und Vereinigung der Ströme zum Zweck. Aus ihrer besonderen Verwendung und Vereinigung, wozu eben Meditation notwendig ist, entsteht der unsterbliche Mensch, der „Diamantleib".
2. Die H a u p t p u l s e. Nach der Anschauung der chinesischen Physiologie besteht ein ganzes „Netz" oder „Gewebe" im Inneren des menschlichen Körpers, das sich aus „Pulsen" oder „Bahnen" des Odems zusammensetzt. Lange hindurch hat die chinesische Medizin -- und die tut es noch heute -- in den meisten Pulsen das gesehen, was wir den Blutkreislauf nennen müßten, dabei jedoch weder vom anatomischen Verlauf der Adern eine genaue Kenntnis, noch vom Wesen des Blutkreislaufes eine Ahnung gehabt. Da man bei geschlachteten Tieren die Venen voll Blut, die Arterien aber leer und voll Luft fand, so ist man zu der irrtümlichen Auffassung gelangt, sie seien Träger des Odems. 10 Diese „Odempulse des inneren Netzes" (Ne Ging Ki Mo) sind nach der heutigen Meditationsauffassung keineswegs körperlich sichtbar -- also nicht gleich Arterien! --, aber in der Meditation wird sich der Erleuchtete ihrer bewusst. 11 Daß die Pulse nicht mit dem Adersystem gleichzusetzen sind, geht schon daraus hervor, daß einmal ihre Bahnen teilweise außerhalb des Körpers, also durch den freien Raum, verlaufen, und zweitens, daß sie nach herrschender chinesischer Anschauung im toten Körper nicht sichtbar sind. Handelt es sich um Erinnerungsbilder in dem Gedächtnis unserer Erbmasse an die Struktur unseres Leibes in längst vergangenen Epochen des Lebens ? Und wenn ja, worauf beruht ihre Wirksamkeit in der Therapie und in der Meditation ? Wir enthalten uns des Urteils. Jedenfalls gelten diese Pulse als die eigentlichen fein verästelten Wege, die die Lebenskraft von verschiedenen Ausgangsstellen her, die aber alle unter sich zusammenhängen, im Körper nimmt, und bestimmte lebenswichtige Punkte werden auf diesen unsichtbaren Bahnen mit geradezu anatomisch genauer Lokalisierung unterschieden. Diese Punkte heißen „Höhlen" (Hüo) oder „Höhlengänge" (Hüo Dau)-- welch letzteres Wort auch „Grab" bedeuten kann--.Das sind nun die wichtigen Punkte, von denen aus sich ein unmittelbar günstiger Einfluß auf die Umgebung verbreitet. Sie sind daher von allergrößter Wichtigkeit, wie ja überhaupt das ganze Geflecht der Pulse höchste Bedeutung für die ärztliche Kunst der Akupunktur besitzt, jene Nadelstechkunst, die tatsächlich neben völligem Versagen oft erstaunliche Erfolge aufzuweisen hat. Abgesehen von den weniger wichtigen Pulsen -- von diesen werden 12 gezählt -- werden zwei Hauptpulse oder Hauptbahnen des Odems angenommen, nämlich die Hauptbahnen des Yang und des Yin, die die anderen -- doppelseitig vorhandenen -- Bahnen miteinander vereinigen. Der Hauptpuls des Yang steigt von der Symphyse zwischen den Beinen durch die Wirbelsäule bis zum Gehirn auf und geht dann durch die Stirn in den Nasenrücken. Der Hauptpuls des Yin entspringt in der Sexualgegend und steigt zur Nabelgegend empor und von da weiter durch den Hals aufwärts bis zu den Lippen. Die Yangbahn soll -- so nimmt man an -- besonders beim Mann, die Yinbahn beim Weibe ausgebildet sein. Der Hauptpuls des Yang wird auch „Kontrollbahn" (Du Mo) und der des Yin „Funktionsbahn" (Jen Mo) genannt. Durch die meditative Vereinigung beider Bahnen in einen geschlossenen Kreislauf unter Einbeziehung von Geist-, Lebens- und Unsterblichkeitskraft wird -- ähnlich wie bei der Zeugung eines natürlichen Kindes -- die Erfahrung der Empfängnis des puer aeternus, des ewigen Kindes, nämlich des unsterblichen Menschen, gemacht. Diese inneren Erfahrung ist das Entscheidende, so dürfen wir wohl sagen, wenn auch die zugehörigen physiologischen Theorien zweifelhaft erscheinen.
3. Die S u b l i m a t i o n. Es ist eine Anschauung der chinesischen -- wie auch der indischen und arabischen -- Medizin, daß ein inniger Zusammenhang zwischen dem Zentralnervensystem und der Fortpflanzungsfähigkeit besteht, und zwar vielfach direkt in der Weise, daß die Flüssigkeit des Gehirns durch das Rückenmark abwärts strömt, um dann seinen von der Natur vorgesehenen Zweck zu erfüllen. Damit aber gehen, so folgert man, wichtige Unsterblichkeitskeime verloren. Es sei also richtig, dem Abwärtsströmen meditativ entgegenzuarbeiten und den „Himmelsfluss bergauf fließen" zu lassen. Dadurch finde eine Sublimation oder Destillation alchemistischer Art des Sexus statt und der Geist werde angeregt und von jener Unsterblichkeitskraft gestärkt und erfrischt. Zeitweise Askese hat also hier keinen negativ moralischen, sondern einen positiv metaphysischen Sinn. Die Hochzeit von Logos und Eros, wenn wir diese abendländischen Ausdrücke verwenden dürfen, schafft den unsterblichen Menschen, verjüngt ihn und gibt ihm so u.a. auch langes Leben. Wenn nun auch die Dinge nicht in der gleichen Weise und nicht so einfach liegen, wie sie chinesisch gedacht werden, sonders anders und komplizierter, so ist die Tatsache des innigen Zusammenhangs zwischen dem ganzen Drüsensystem der inneren Sekretion einerseits und der Jugendfrische des ganzen Menschen, auch des geistigen Menschen, ja allerdings eine wissenschaftliche Tatsache.
4. Die a r c h a i s c h e A n a t o m i e einzelner Organe. Unserer Wissenschaft ist, worauf mich C.G. Jung-Zürich liebenswürdigerweise hingewiesen hat, seit Wernicke bekannt, daß es in unserem Geiste eine „psychische Repräsentanz der Organe" gibt, durch die wir um die inneren Organe unseres Leibes und ihren Zustand wissen. Nun ist aber das Eigentümliche, daß diese seelischen Abbilder innerer Organe in der chinesischen Meditation (und Physiologie) nur teilweise dem tatsächlichen Zustand entsprechen, zum anderen Teile geben sie einen anderen Zustand, und zwar merkwürdigerweise einen mit längst vergangenen Zuständen des Lebens auf unserem Sterne übereinstimmenden wieder, so daß wir also -- ähnlich wie bei den oben angeführten Pulsen -- auf ein Gedächtnis unserer Erbmasse schließen müßten. Zu diesen Eigentümlichkeiten der archaischen Anatomie gehört z.B. das dritte Auge, das wie beim Tiefseefisch zugleich sieht und die Objekte beleuchtet (Zirbeldrüse ?), der ungelöste Zusammenhang von Nieren und Testikeln, die Lage des Lebenszentrums, des „Zinnoberfeldes", im Sonnengeflecht, die „drei Verbrenner" (San Dsiau) oder Wasserausscheider, die den gesamten Unterleib, das „Meer der Odems", in Magen-,Nabel-und Blasenhöhe ausfüllen. 12 Ebenso wie Rudimente älterer Zustände anatomisch noch in uns vorhanden sind -- teilweise nur vorübergehend während des Embrionalzustandes -- so treten uns hier also in der Meditation aus dem kollektiven Unterbewußten nicht gesetzlose Phantasien, sondern die psychische Repräsentanten unserer Organe, und zwar in einem älteren Zustand entgegen.
5. Die k o s m i s c h e A n a l o g i e. In dem Aufbau des magisch-animistischen Systems, das das alte chinesische Weltbild beherrscht, spielt gemäß den archaischen Denkformen der Analogieschluss eine bedeutsame Rolle. Solche Analogien durchziehen natürlich auch die ärztliche Wissenschaft, und da die Meditation in physiologischer Hinsicht die medizinischen Anschauungen benutzt, so begegnen wir diesem System mit all seinen Analogien auch in den symbolischen Bildern, Anschauungen und Ausdrücken der Meditationstechnik. Der Mensch ist ein kleines Weltall. „Das Weltall ist nicht groß, mein Körper ist nicht klein", wie ein geflügeltes Wort sagt. Und da der Mensch ein Teil des Weltganzen ist, so ist eine Analogie zwischen Mensch und Universum nicht von vornherein sinnlos. Sein Geist ist die himmlische Nephritstadt, in welcher Lau Dsi thront, sein Rückenmark ist die Milchstraße, der Himmelsfluß, die beiden Sternbilder des Kuhhirten und der Spinnerin sind in Herz und Nieren tätig. Im Unterleib ist das Ackerfeld der Erde, aber auch das Urprinzip vorhanden, noch weiter darunter ist das Yin-Yang-Tor der Unterwelt und die Region des Grundwassers. Abgesehen von dieser mehr symbolischen Analogie der kleinen und der großen Welt finden weiter das Yin-Yang-System, die 5 Elemente mit ihren organischen Entsprechungen ausgedehnteste Anwendung. Auch spielt hier die gesamte Zahlensymbolik als Ausdruck der Ordnung des Weltganzen in die Erfassung des Menschen hinein. Daß sich hier nützliche Einsichten mit völlig Verfehltem zu einem uns höchst unwissenschaftlich anmutendem System verweben, ist klar. Der Analogieschluß ist niemals bündig. Aber der springende Punkt ist ja bei aller Meditation vielmehr: die tiefsten Schichten des Menschen mit seinem Bewusstsein in Verbindung zu bringen, in ihm das Geniale frei zu machen und ihm zu bestimmten wertvollen Erfahrungen die Tore aufzuschließen. Demgegenüber verliert natürlich die Bezugnahme auf irgendwelche seltsamen Ansichten der chinesischen Medizin doch in gewissen Maße ihre eigentliche Bedeutung.
Nachdem wir so kurz die hauptsächlichsten physiologischen Ansichten aufgezählt haben, ohne die die Ausdrucksweise der taoistischen Meditationstechnik unverständlich wäre, können wir nunmehr über die beiden B i l d e r berichten, die wir hier zur Abbildung bringen (Tafel 1 und 2), bevor wir die Darstellung im einzelnen erklären. Das eine ist ein Schwarzweiß-Abklatsch nach einer Steinplatte, die im „Kloster der weißen Wolken" (Bo Yün Guan) bei Peking aufbewahrt wird, das andere ist ein buntes Rollbild, das zweifellos auf Grund der Platte des Bo Yün Guan erst entstanden ist. Im wesentlichen sind Tafel und Gemälde identisch, in einigen Kleinigkeiten weicht jedoch das letztere ab, z.B. bringt es nicht unten links den Text über die Gravierung der Steinplatte im Kloster der weißen Wolke, noch oben rechts das Datum dieser Gravierung, noch die Überschrift „ Ne Ging Tu „ (Darstellung des inneren Gewebes). Auch weichen die Texte in kleinen Ausdrücken voneinander ab. Im folgenden wird gelegentlich auf die verschiedenen Lesarten hingewiesen werden. Ferner hat das Gemälde die Beschriftung, die zu den Nieren gehört, an die richtige Stelle gerückt, während auf der Platte infolge Platzmangels, die betreffenden beiden Zeilen bis zu den Halswirbeln hinaufgerückt sind. Auch zeigt das Gemälde den Heiligenschein, nämlich den Nimbus über dem Kopf, mit der roten Perle als Mittelpunkt und die mandalaförmige Aureole um den Leib.
Die Abzüge von der Platte des Bo Yün Guan sind so weit in taoistischen Kreisen bekannt und verbreitet, außerdem ist ihr Inhalt so instruktiv für das Wesen der taoistischen Meditation, daß ihre Veröffentlichung wissenschaftlich geradezu eine Notwendigkeit geworden ist. Über die Entstehung der Platte wird unten links wie folgt berichtet: „ Dies Bild war bisher nicht veröffentlicht, da die Elixier-Lehre sehr umfangreich, groß, fein und tief ist und sie der gewöhnliche Mensch daher nicht verstehen und nichts mit ihr anfangen kann. Daher ist es (das Bild) selten verbreitet in der Welt. Ich habe nun zufällig in dem Studierzimmer bei Gau Sung Schan anläßlich der Entnahme von Büchern und Bildern dies Bild an der Wand hängen sehen und (ich muß sagen: ) die Kunst der Zeichnung ist sehr exakt und fein, die Muskeln , die Knotenpunkte und die Pulse sind alle sehr deutlich erklärt und jedes einzelne hat treffliche Bedeutung zum Inhalt. Ich habe es lange betrachtet und empfunden, daß ich Verständnis dadurch habe, und da ist mir erst die Erkenntnis aufgegangen, daß das körperliche Einatmen und Ausatmen nichts anderes ist als die Fülle und die Leerheit des Weltalls. Wenn man aber tatsächlich das generelle Verständnis hierfür hat und Erleuchtung davon bekommt , dann ist die große Goldelixierlehre über die Hälfte verstanden, und ich wage wirklich nicht, es (das Bild) für mich allein zu behalten. Daher habe ich es sofort zum Einhauenlassen gegeben, um es zu verbreiten. (Unterschrift: ) Su Yün, der Taoist, (mit eigentlichem Namen: ) Liu Tscheng-Yin hat es verehrungsvoll herausgegben und es gleich (mit obigem Text) vermerkt. (Siegel) : Tscheng Yin. (Nachschrift) : Die Platte wird im „Kloster der Weißen Wolken" (Bo Yün Guan) bei der Hauptstadt (nämlich Peking) aufbewahrt." Außerdem ist auf der Platte oben rechts das Datum angegeben, und zwar der 6.Monat des Jahres Bing Sü der Ära Guan-Sü (1886). Diese Angaben der Tafel fehlen natürlich auf der Kopie des Gemäldes. Es sei noch beigefügt, daß im übrigen über Liu Tscheng-Yin alias Su Yün sonst Bemerkenswertes nicht festzustellen war, um so erfreulicher ist die klare Bezugnahme auf die „Große Lehre des Goldelixiers" (Gin dan da dau, sonst gewöhnlich einfach Gin Dan Giau genannt). Sie ist die bedeutendste Richtung des lebendigen Taoismus und führt sich vor allem auf den Patriarchen Lü Dung-Bin (geb. 755) zurück. In ihr finden sich eine ganze Reihe von Einzelerkenntnissen und Traditionen zu einem System der Verwandlung des Menschen zusammen. Auch auf unserem Bild sind mehrfach buddhistische Zitate, und irgendwelche Zusammenhänge mit dem Nestorianertum lassen sich ja ebenfalls nicht wegleugnen. Doch lehnen ihre heutigen Vertreter – zu denen auch die Studiengesellschaft Dau -de-höo-sche in Peking gehört – die Bezeichnung „Synkretismus" ab, da sie erklären, einen eigenen Kern des Lehrgebäudes, der aber zugleich der mystische Kern aller Religionen der Welt sei, zu besitzen. In der Tat besitzt die „Lehre des goldenen merkurischen Sulfur (d.h. Quecksilbersulfids, Zinnobers)",wie unsere westlichen Alchimisten übersetzt hätten, zum mindestens die Quintessenz – dies Wort in jeglicher Bedeutung !-- der ganzen taoistischen Tradition. Betrachten wir nun die beiden Abbildungstafeln, die Platte und das Gemälde, in einer kurzen Überschau, so wird auch dem Nichtkenner aufgehen, daß er den Längsschnitt eines (männlichen) Körpers – Kopf und Rumpf – vor sich hat, denn deutlich scheint so etwas wie der Umriß des Hauptes hervorzutreten, und auf der rechten Seite sieht man das Rückgrat, auch das Herz ist klar zu erkennen und darunter irgendwelche allegorischen Darstellungen, die offenbar die anderen inneren Organe und ihre Funktion betreffen. Aber bei näherem Zusehen ist überhaupt alles allegorisch, nirgends wird irgendetwas wirklich abgebildet, an der Vorderseite des Gesichtes sieht man die zwei Hauptpulse zusammentreffen, aber keinen Umriß des Gesichtes. Alle Knochen sind nicht als solche dargestellt, sondern als Felsen, aber neun Gipfelfelsen erscheinen auch oben am Schädeldach, wo sie (heute!) Knochen (oder Panzerschuppen) nicht bedeuten können, man erblickt reine Allegorien, so: im Kopf Lau Dsi und unter ihm deinen buddhistischen Mönch, man sieht weiter den Kuhhirten und die Spinnerin, den Pflüger und die beiden Schöpfradtreter. Man sieht über dem Haupte die Perle schweben, an der Stelle des dritten „himmlischen Auges" auf der Stirn die rote Sonne, ihr gegenüber im optischen Zentrum am Hinterkopf der Mond. Man erblickt im Munde einen Teich mit Brücke, am Hals eine Pagode, unter dem Heruen eine Reihe Bäume, in der Nierengegend eine Darstellung des Ursprinzips, darunter einen Teich mit feurigem Wasser, einen feuerflammenden Behälter (Dreifuß) usw., kurzum: wir befinden uns in einer höchst seltsamen, aber gleichwohl poetischen Landschaft, die den Himmel, die Erde und die stygischen gewässer umspannt, und die den menschen mit seinen drei „ichen", dem geistigen, dem seelischen und dem animalischen, in seinen kosmischen Beziehungen zum Gegenstand hat. Und es ist in der tat für das Verständnis des lebendigen Taoismus und seine Leehre von der ewigen Verjüngung, der Langlebigkeit und der Schaffung eines unsterblichen Selbst in Gestalt eines metaphysischen „Diamantleibes" (Ging-Gang-Schen sa. Vajrakaya) - und dies alles durch Meditation! - notwendig eben jene sozusagen physiologsichen (?) Ansatzpunkte zu untersuchen, die diese allegorische Landschaft von Himmel, Erde und Unterwelt bietet. Denn genau wie Aeneas zu den acherontischen Gewässern der Unterwelt ungefährdet hinabstieg und erleuchtet und gestärkt zurückkam, ganz ebenso wird dem „Tao-Freund" (Dau Yu) verheißen, in sich die wahren Quellen des Lebens, Gesundheit, Ewigkeit und Weisheit zu finden, wenn er nur hinabsteigt - versehen mit dem rechten Lichte - und es versteht wieder heraufzukommen, dann aber ist er auch gleich fähig, zu den himmlischen Gefilden emporzusteigen. Lan Dsi, einer der jenseitigen „Drei Reinen", der Kuhhirt und die Spinnerin, jene beiden Figruren des Sternenmärchens, sind gewissermaßen unser metaphysisches, göttliuches Ich (Diamantleib), unser seelsische bewußtsein(Hun) und unser animalisches Ich (Po), die drei anderen Figuren: der bddhistsiche Mönch, der Pflüger und die Schöpfradtreter zeigen uns wesentlich, was wir in der Mediatation tun sollen. Da es hier nicht Aufgabe sein kann, die ganze Stufenfokger der Taoistsichen Meditation in der Gin-Dan-Richtung darzustellen -was dem III. Kapitel vorbehalten sei - , so beschränken wir uns heir auf die reine Erklärung des Bildes als Meditationsbild. Bei der Beschreibung halten wir uns in großen Zügen an den Gang des taoistsichen Heilweges, indem wir zuerst diejenigen Partien beschreiben, die zum „Kreislauf des Lichts", der Einstellung und Erweckung, gehören, dann zweitesn zu den Allegorien übergehen, die zur „Verwandlung" gehören, d.h. zum „Sterben des gewöhnlichen Menschen", drittens zur Empfängnis und zum Wachstum des neuen, unsterblichen, und endlich viertens zu denjenigen Bildern kommnen, die den vollkommenen, altersweisen, ewigkeitserfüllten Zustand andeuten.
Der Kreislauf des Lichtes vom Kopf zu Leibesmitte und rückwärts empor. Wir beginnen mit der Figur des buddhistischen Mönchens an der Vorderseite des Kopüfes. Er blickt zu dem in Meditationshaltung sitzenden und gütig lächelnden Lau Dsi emporund hält beide Arme hoch, als ob er alles, was über ihm ist, trüge. Danebn steht geschrieben: „Der blau- (eig. Nephrit-)äugige Barbarenmönch trägt mit den Händen den Himmel" . Der „blauäugigen Barbarenmönch" ist nun eine alter Betzeichnung für den aus Indien 520 nach China eingewanderten buddhistischen Patriarchen Boddhidharma, den vater der Meditationssekte. Er hatte zwar neun Jahre vergeblich die felswand angestarrt, ehe ihm das „himmlische Auge" aufging, aber die Ausdauer in der meditation hatte zum Erfolg geführt, er trägt - wie jeder Erlechtete - selber den Himmel (so unter Anspielung auf eine Legende). Zwar ist der buddhistsiche Mönch ikonographisch nicht mit dne bekannten bärtigen Gesichtszügen des Boddhidharma, sondern sehr jugendlich daregestellt, aber die Beischrift bezeugt die Anspielung als eine auf ihn gehende. Ebenso soll nun der „Tao-Freund" ausdauernd meditieren und sein Augenlicht gebrauchen (rein anatomisch bedeutet der „den Himmel tragenden blauäugige Mönch" die die Augenhöhlen umspannenden und das Knochengerüst der Gehirnkapsel tragenden Jochbogen). Nun soll man aber nicht vergeblich die Wand neun Jahre lang anstarren, sondern den Blick nach unten wenden auf das Lebens- und Wärmezentrum im Unterleib (etwa in Nabelhöhe), wo der Ursprung und die Verflechtung der Hauptpulse und der 12 Nebenpulse zu suchen ist (Sonnengeflecht). Diese Versenkung der Gedanken und des Blickes ins lebenszentrum nennt man das „Pflügen". Daher findet man auf den Bildern in Nabelhöhe den Pflüger bei seiner emsigen Arbeit, das Feld zu bearbeiten, d.h. das Lebenszentrum und seine Kraft anzuregen. Zu dem Pflüger ist als Text -etwas reichlich hoch bei den Bäumen - der Spruch angebracht: „Das eiserne Rind pflügt die Erde, um Goldgeld zu ziehen". Das ganze Gebiet vom Nabel quer durch den Leib bis zu den Nieren ist dem Element „Erde" zugeordnet, es gilt als das Elixierfeld" (Dan Tien), von dem ein oberes auf der Stirn, ein mittleres in der Herzgegend (Dschung Dan Tien) und ein rückwärtiges in der Leibesmitte (Nieren), das „eigentliche Elixierfeld" (Dscheng Dan Tien) unterschieden werden. Allegorie für das beharrliche Bearbeiten des ganzen Gebiets dieses Lebenszentrums ist das eiserne, pflügende Rind. Aus dem bearbeiteten Boden erwächst wahrer Segen, er ist vorbereitet zur Empängnis des Keims des höheren Lebens, das „Ziehen von Goldgeld". (Letzeres ist zwar nicht auf der Platte, wohl aber auf dem Gemälde in zwei Feldern - besät mit Käschstücken - dargestellt.) Ist die Lebenskraft im Unterleib, dem „Ozean der Odems" (Ki Hai), erst einmal angeregt, so genügt die bisherige Methode nicht mehr, sie muß verstärkt werden durch das dritte „himmlische Auge", den „Glanz unserer (angeborenen) Natur" (Sing Guang). Zu diesem Zwecke muß dies Auge zum Wirken erweckt werden. Hierzu tritt der blauäugige Barbarenmönch wieder in Funktion, indem er nunmehr das dritte Auge durch einen besonderen Meditationstrick des „Wandanstarrens" erblickt: die über seiner linken Hand schwebende Kugel, auf dem Gemälde als rotleuchtende Sonne dargestellt. Dieses dritte Auge sendet nunmehr gleichfalls sein Licht. Das Elixierfeld wird mächtig gepflügt, seine Kraft in bestimmter Weise zu den Nieren geleitet. Diese Stelle heißt auf „des Flusses (etwa Rückenmarks!) Räderachse (Ho Tsche Dsi Nin)". Hier findet scharfe Drehung der Kraft nach oben statt, und zusammen mit dem Hauptpuls des Yang, der Kontrollbahn (Du Mo), geht es durch zwei wichtige Knotenpunkte, einer hinter dem Herzen, das „Mitteltor am Rücken", und einer am Hinterkopf, das „obere Tor bei der Nephritstadt" oder beim „Nephritkissen" über den scheitel, den „Palast der Schlamkugel" (s.u.) weg bis zur Stirn, -das letzte Stück ist deutlich auf der Platte als Strahlung, auf dem Gemälde als zwei rote Striche zu sehen - wo nunmehr das dritte Auge, gestärkt durch die 1. Lebenskraft, in der Meditation mächtig aufleuchtet. Dort ist die „Halle der Erleuchtung" (Ming Tang), wie man auch sagt, in der die Kaiser der Urzeit sich zu erleuchtendem Gespräch mit den Großen des Reichs trafen. Der von da zum Nasenrücken gehende und hieer endende Kontrollpuls wird gleichwohl in der Vorstellung als Kraftstrohm wieder weitergeschickt zum Elixierfeld - der „Kreislauf es Lichts" ist geschlossen, das „Drehen der Dharmarads" ist vollzogen. Das Anfängerstadium der Meditatiosnsschulung ist beendet. Das Lebenszentrum im Sonenngeflecht, der Sitz einer älteren, halbbewußten Stufe mit ihren instinktsicheren, bilderreichen Möglichkeiten, ist mit dem „dritten Auge" in Zusammenhang gebracht, d.h. in unser Bewußtsein gehoben. Dieser „Kreislauf des Lichts" ist die Grundlage für das Verständnis der drei höheren Etappen der ganzen Schulung. Daher steht auf dem Gemälde (allerdings nicht auf der Platte) in der Nähe des „himmlischen Auges" der Spruch: „Hier ist die Wurzel des besten Weges zur Pflege des Lebenswandesl", und beide Bilder enthalten die den Anfänger mahnenden und doch verspottenden Verse: „ Wenn man von diesem geheimnisvollen Geheimnis das wirkliche Geheimnis verstanden hat, so gibt es kein Geheimnis außer diesem Geheimnis!". Obendrein stehen ganz vorne am Kopf noch zwei buddhistische Zitate - auf dem Gemälde zu einem Spruchband vereinigt - in welchen der weiße gekrümmte Haarflaum (Bai Mau, sa urna) zwischen den Augen einees Buddahs - als mit dem dritten Auge in seiner Bedeutung für Erkenntnis des Weltganzen und Welterlösung eins gepriesen wird, und zwar so: „Dharmagupta (Fa Tsang) sagt: die blauen Augen machen die vier Weltmeere klar und deutlich - und der weiße Flaum kringelt sich bis zu den (fünf) Sumeru (= Weltenbergen)." Ferner „Maitreya (Tsi Schi) sagt: Zwischen den Augenbraucen leuchtet der Glanz des weißen Flaumes - das vermag zu vernichten das Wiedergeburtselend aller Lebewesen." In der Tat durchströmt ein Hochgefühl der Erleuchtung und Erweckung den Anfänger, der bis zu dieser Meditationserfahrung des dritten Auges durchgedrungen ist, aber vorläufig steht die ganze Meditation noch im ersten Stadium, es muß nunmehr erst der alte Mensch sterben und der unsterbliche Mensch empfangen und geboren werden. Es werden nun noch tieferen Kräfte aufgerufen und zu bewußtsein gebracht, dazu tritt ferner der Weg der Verwandlung. Hierzu soll der Mensch nach chinesischer Zählung etwa 40 jahre alt sein. Eine bestimmte Atemtechnik erleichtert die eigentümliche Askes, die wegen ihrer Gefährlichkeit nur mündlich gelehrt und überliefert wird.
Wir können zwar nicht Pater L.Wieger S.J. zustimmen, wenn er über diese mündliche Tradition und die Notwendigkeit der Diskretion sagt: „Il doit se cacher des jolies choses, sous cette phrase anodine"- denn alles Natürliche ist unschuldig, aber ungefährlich ist es natürlich nicht, Unbewußtes und Bewußtes in so enge Verbindung, Logos und Eros zu einer gegenseitigen Befruchtung bringen zu wollen. Genug, die beiden Hauptpulse werden in einem Kreislauf in Wechselbeziehung zueinander gebracht, wobei aber der Yin-Puls nicht aufsteigend, sondern absteigend benutzt wird, und die Sublimation wird unter Einhaltung einer gewissen rhythmischen Atemgymnastik meditativ erlebt. Das Sexuelle wird also nicht verdrängt, sondern durch eine zeitweilige Meditationstechnik - die dem indischen Kundalini-Yoga verwandt ist - sublimiert und einbezogen. Daher steht - auf dem Gemälde etwa in Halshöhe - bei dem Wasserfall, der nach oben in der Wirbelsäule emporstömend dargestellt ist, angemerkt: „Wasser des stromaufwärts fließenden Himmelsflusses (d.h. der himmlischen Milchstraße)". Auch unten beim Ende des Rückgrates, dem „Unteren Tor beim Steißdorf" steht geschrieben: „das Wasser des Abgründigen (Kan) fließt stromaufwärts". Auch ist zwischen Rückgratende und Nierengegend noch der „Dreifuß des Elixiers",das eigentliche Schmelzgefäß -anantomisch eine Drüse? - mit dem „Teich, wo Wasser und Feuer sich kreuzend verdampfen" abgebildet. Deutlich wird diese asketische Sublimation noch einmal dargestellt durch die beiden Kinder, die die Schöpfräder treten, so daß das Grundwasser in die Höhe gepumpt wird. Die Kinder sind ein Knabe und ein Mädchen. Die Keimdrüsen werden - ebenso wie die Nieren - auf der einen Seite als männlich, auf der anderen als weiblich gedacht und verkörpern so Yang und Yin. Daneben steht auf dem Gemälde unter Anspielung auf die 6.Ode des Lau Dsi das „Hüan-Pin-Rad von Yin und Yang" auf der Platte des „Tretrad des Geheimnisses von Yin und Yang (YinYang hüan scha tsche ). Als Text der Sublimation steht auf der Platte: „Wiederholend und fortsetzend, schrittweise zirkulierend, wie diese Räder sich drehen, fließt dies Wasser nach Osten. Selbst in dem zehntausend Klafter tiefen Quellteich muß der Boden sichtbar werden. Diese süße Quelle strömt empor bis zum Gipfel der Spüdberge (d.h. bis zum Schädeldach)." Ähnlich drückt sich der Text des Gemäldes aus. Erwähnt sei noch, daß in der Nierengegend als lebenswichtiger Punkt angemerkt ist eine „Höhle", nämlich die „Höhle des Geheimnisses der beiden Nieren" und die Inschrift: „In dieser kleinen Pfanne kocht Berg und Wasser" . Überhaupt werden die Nieren ja als der eigentliche Sitz der Fortpflanzungskraft angesehn. Daher stehen in der Nierengegend das Bild der Spinneren, der animalischen Seele, und die Sprüche: „Die Spinnerin setzt in Bewegung"; man sieht, wie ein Puls in Gestalt eines Fadens vom Spinnrad nach oben zur Bahn des Rückenmarks läuft. Weiter heißt es: Die Gottheit der Nieren ist geheimnisvoll und undurchsichtig, sie kann selber Kinder erzeugen" und „Die Gottheit der Milz bleibt ständig bewahrt im Hofe der Seele Hun (der höheren Seele). Am dunklen Himmel unserer Innenwelt erscheinen uns die Sternbilder des Makrokosmos und die Genien oder Götter unserer Organe als allegorische Bilder. Auch die anderen inneren Organe beteiligen sich am Werke der Verdichtung der Lebenskraft:
„Die Gottheit der Lunge hat den Namen: graue Blume und den persönlichen Namen: leere Vollendung, die Gottheit der Leber vermag zu erhellen und kann selbst enthalten die Erleuchtung, die Gorttheit der Galle vermag selbst zu erhellen und die Erleuchtung zu erlangen." Nun fehlt von den inneren Organen nur noch das Herz, der Sitz der bewußten Seele und angeblich der Produzent des roten Blutes (Zinnober). Im Herzen steht geschrieben: „Erde des Stillhalten (Gen)" gemäß dem „Berg"zeichen des „Buches der Wandlungen" und daneben „Die Gottheit des Herzens ist der Ursprung des Zinnobers und bewahrt selbst den Geist." Der „Gott des Herzens" ist der himmlische Steinhauerknabe, der wahre Alchemist, der die Goldstücke spielend an das Firmament wirft und an Fäden aufreiht, so daß sie sich zum Sternbild des nördlichen Scheffels (der Ursa Major) ordnen, von wo die nöchste Weltkraft ausstrahlt. Der himmlische Knabe ist zugleich als Kuhhirte der Gegenspieler der Spinnerin, der ihr einst die Kleider beim Baden raubt, aber nach dem Willen des höchsten Himmelsherrn sich nur einmal im Jahre, am 7. des 7. Monats, mit ihr vereinigen darf. Dann schreitet sie über eine Brücke, die die Elstern am Himmel über den Himmelsfluß bilden, zu ihm hinüber. . Da ist die Nacht der Nächte, und wir sehen die Möglichkeit der Vereinigung beider auf dem Bilde angedeutet durch den Pulsschlag, der vom Herzen ausgehend durch die zwölfstöckige Pagode der Luftröhre (Odem!) zum Hinterkopf geht, allwo auch der Pulsschlag der Spinnerin endet. Dort ist das Tor der himmlischen Nephritstadt. Beide Seelen vereinigen sich. Während aber dort bei der „Höhle des Geisterfelds" eine „Quelle der aufsteigfenden Wahrheit (Dharma) oder der Reinheit" angenommen wird - sie erhält ihre ambrosianische Flüssigkeit von dem im Hinterhaupte, im optischen Zentrum, dargestellten „Mond", der selbst die Feuchtigkeit aus der Tiefe an sich gesogen hat - erblicken wir eine solche Quelle sich ergießen (auf der Platte) in den Teich, „in dem der rote Drache sich wälzt" - d.h. in die im Mundspeichel verdichtet gedachte Kraft des Odems, und eine
1. „Fallbrücke", die auch sonst im Anklang an die Brücke der Elstern die „Vogelbrücke" (Tsiau Kiau) heißt, führt hinüber.
2. Inmitten des Lebenszentrums aber wird der Keim zum neuen unsterblichen Menschen verdichtet, er reift heran, bis er geboren wird, indem er -wie Pallas aus dem Haupte des Zeus - wie das Buddhabild auf der Lotusblüte über dem Scheitel erschein. Die Geburt des Unsterblichen ist vollendet.
3. Der unsterbliche Genius schwebt über seinem eigenen Menschenwesen. Das Gehirn ist wie für die Lotosblume nur noch der „Palast der Schlammkugel", aus der sich makellos die Blüte im Lichte erhebt. Die Ewigkeit ist erreicht wie die ewigen Südberge, der Kun Lun oder die „neun Gipfel" zeigen. „Die Terasse des chaotisch tiefen Geists" gewährt ins nicht mehr Aussagbare vom „Höchsten Gipfel" Ausblick. „Des weißhäuptigen Lau Dsi Augenbrauen hängen bis zur Erde" (zeichen unendlichen Lebens). Denn als Zusammenfassung, Urbild und Vorbild lebt in der Seele des Taoisten dank der jahrtausendelangen Tradition die Figur des Lau Dsi, in die sich der Mensch verwandelt, und zwar nicht nur der Lau Dsi, der auf Erden gelebt hat, sondern der jenseitige „Allerhöchste Ahnherr", eine der Gestalten der taoistsichen Trinität der „Drei Reinen". Strahlend erhebt sich die Perle, die das „Wunschkleinod" ist, als Zeichen des Unsterblichen über dem zum „Haus der aufgehenden Sonne" gewordenen Haupt. Der Makrokosmos ist erschlossen, achdem der Mensch in sich alle Tiefen und Polaritäten vereint hat, er ist selber zum Weltall geworden: „In einem Körnchen ist die ganze Welt enhalten" –eine Stufe, deren völliges Innehaben nach taoistischer Anschauung erst den Sechszigjährigen möglich ist.
So eigenartig uns die chinesische Bilderwelt und der Gang der Reifung des Menschen anmutet, so zutiefst verwandt mit Seiten unseres eigenen Wesens, und den Lehren des Abendlandes ist doch der Sinn des Weges, der den Menschen durch diese Bilderwelt führt, beginnend zunächst mit dem Kreislauf des Lichts und dem Sterben des alten Menschen (im Feuer des Eros!), so daß er verwandelt die Wiedergeburt aus Feuer und Wasser erlebt, die über die Sterne hinauszu ewigen Gefilden führt - dies ist die „Darstellung des Unsterblichen (Sie) der Lebensverlängerung" - wie die Steinplatte des Bo Yün Guan als zweite Überschrift gibt -, d.h. die Darstellung der Lebensreifung in der Altersweisheit desjenigen, der sinnvoll gelebt hat.
Therapeuten: | Praxis Dr.Hemm |
Praxis A. Noll |